Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1917

296 den Rundgang beendet hatte, hielt der Veranstalter des Festes Hauptmann Richard v. Kefer, folgende Ansprache: „Eure kaiserliche Hoheit! Unsere Kame¬ raden stehen im Felde und kämpfen für Kaiser und Vaterland. Wir, die durch körperliche Gebrechen nicht in der Lage sind, an der Front zu stehen, arbeiten für unsere Kameraden in der Heimat und denken auch in innigster Treue an sie. Um jenen Braven, die zur Ehre des Vaterlandes, der Artillerie und un¬ seres Regiments ihr Blut vergossen ha¬ ben, unsere Dankbarkeit zu erweisen, ha¬ ben wir diese Kanone gestiftet, deren Zweck es ist, bedrängten Familien Ge¬ fallener unseres Regimentes in der No¬ zu helfen. Ein glücklicher Stern waltet über diese Aktion: unser erster Artil¬ lerist, unser allverehrter Inspektor, Se. k. u. k. Hoheit der durchlauchtigste Herr Erzherzog Leopold Salvator schlägt den ersten Nagel in dies Liebeswerk! Mit unendlicher Dankbarkeit wissen wir Ka¬ noniere es zu schätzen, daß der Oberste unserer ruhmreichen Waffe heute unter uns weilt, mit uns fühlend und denkend, stolz auf unsere so schöne Artillerie. Das Menschliche zum Gedeihen der edlen Sa¬ che ist uns gegeben, jetzt wollen wir dies auch von Gott erbitten. Herr Kurat, ich bitte, diese Kanone zu ihrem edlen Zwecke zu weihen.“ Hochw. Herr Feldkurat Pro¬ Schwer „Allmächtiger! kosch sprach: kämpft unser kaisertreues Volk in Waf¬ fen gegen eine Unzahl egoistischer und rücksichtsloser Feinde. Dir, allmächtiger Generalissimus dort oben, vertraut das brave Oesterreich, unter Deinen Fahnen werden wir siegen. Blicke, großer Gott, mit Deiner unendlichen Liebe auf jene herab, die zu Deiner, des Kaisers und des Vaterlandes Ehre ihr Blut ver¬ gossen haben, hilf uns schwachen Men¬ chen, Witwen und Waisen, dieser Per¬ len unserer Heimat, das Dasein zu er¬ leichtern. In diesem Sinne segne ich dich, Kanone der Liebe, Schwester der ehernen, du sollst sie die Wunden schlägt seilen!“ Während der nun folgenden Einsegnung der Kanone spielte die Mu¬ sikkapelle das „Gebet vor der Schlacht“. Sierauf übergab Hauptmann v. Kefer die „Kanone in Eisen“ der Oeffentlich¬ eit mit den Worten der edlen Protek¬ torin. Ihrer Hoheit der Prinzessin Ma¬ ria Anna von Sachsen=Coburg=Gotha „lindere du. Hölzerne, jene Wunden die die Eherne geschlagen“ und bat Se. kaiserl. Joheit, den ersten Nagel ein¬ zuschlagen. Erzherzog Leopold Salvator erwiderte: „Mit besonderer Befriedigung ergreife ich die Gelegenheit, dieses neue Werk der Mildtätigkeit begründen zu helfen. Das schöne Zusammenwirken al¬ ler Kräfte des Vaterlandes, der tapferen Helden an der Front und der Bevölke¬ rung im Hinterlande, das selbst unsere Feinde mit Achtung anerkennen müssen, hat auch dieses Liebeswerk erstehen lassen. Möge es noch in den fernsten Zeiten davon Zeugnis geben, was wir in der chweren Zeit des großen Krieges gelei¬ stet haben.“ Damit schlug Se. kaiserl Hoheit den ersten Nagel in die Kanone ein, während die Musikkapelle nochmals dieVolkshymne intonierte. Hierauf folgten der Benagelung Ihre Hoheiten Prinzessin und Prinz Ludwig von Sach¬ sen=Coburg und Gotha, Generalmajor von Dürfeld und die übrigen Festteil¬ nehmer. Die Militärkapelle begann hie¬ rauf unter Leitung des Kapellmeisters Mahr mit einer einstündigen Platzmusik, wobei eine auserlesene Reihe prächtiger Musikstücke zum Vortrage kam, welchen die nach Hunderten zählende Zuhörer¬ chaft mit Vergnügen lauschte. Um drei Uhr nachmittags verließ der Erzherzog Stadt Steyr nach dreitägigem Aufent¬ halte, über welchen er sich noch beim Abschiede überaus befriedigt äußerte. Seine liebenswürdige, bei jeder Gelegen¬ heit bekundete huldvolle Leutseligkeit ichert Sr. kaiserl. Hoheit in Steyr das dankbarste und treueste Andenken. Der Festabend im Kasino, womit der Tag in äußerst würdiger und glänzender Weise beschlossen wurde, war durch einen massenhaften Besuch seitens der bürger¬ lichen Kreise ausgezeichnet. In besonderer Weise wurden die Veranstalter durch die Anwesenheit Ihrer Hoheiten Prinz und Prinzessin v. Sachsen=Koburg=Gotha, sowie vielen Honoratioren der Stadt Steyr geehrt. Bei den gediegenen Dar¬ bietungen der Vortragsordnung ent¬ wickelte sich vom Beginne an gleich die festlichfrohe Stimmung. Eingeleitet wurde der Abend mit einem schwungvollen und stimmungsreichen Prolog, verfaßt und wo¬ gesprochen von Prof. Goldbacher, mit die Vorführung eines ungemein ef¬ ektvollen, von Dr. Klunzinger gestellten lebenden Bildes verbunden war, welches einen tiefen Eindruck machte. In der Mitte des Bildes reichte ein Mädchen zur Kaiserbüste einen Lorbeerzweig em¬ por, liiks zeigte eine lebensvolle Gruppe von Kanonieren ein zum Abschuß be¬ reites Geschütz, rechts war eine Feld¬ chmiede mit markigen Gestalten am rot¬ glühenden Feuer zu sehen. Die Volks¬ hymne bildete den harmonischen Ab¬ chluß des Bildes. Mit einer danker¬ füllten Ansprache überreichte Hauptmann

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