Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1917

mit hat, halten wir uns mit dem Schür¬ hacken schon vom Leibe!“ „Dann vor¬ wärts Leute!“ befahl der Ritter. „Dank euch und eurem Weibe! Gott und Sankt Georg mit uns!“ und die Pferde griffen aus. XV. War das ein Aufsehen, als in Steyr bekannt wurde, der Hinterholzer habe Emma von Kerschberg aus der Ge¬ fangenschaft heimgebracht! Schon beim Stadttor, durch welches Ritter Wigbert mit Emma von Kersch¬ berg von Sierning her in die Stadt einritt, hatten die Heimkehrenden den Haderer begegnet, der erstaunt den selt¬ amen Zug betrachtet hatte und von Wigbert in kürzen Worten aufgeklärt, diesem herzlich die Rechte schüttelnd, er¬ freut sagte: „Traun, lieber Hinterholzer, das war wacker gehandelt! Seid ein tapferer Kämpe! Gäb's der Himmel, daß euch recht viele glichen! Kommt doch dann zum „Löwen“ hinab auf einen Trunk! He? Möcht gern hören, wie ihr den Matthäus Rohrer übertöpelt habt, und will mir dazu noch ein paar Bekannte mitbringen, zu diesem Willkommtrunk!“ „Ei, gewiß, Herr Feldhauptmann,“ lachte Wigbert fröhlich und grüßend ritt das Paar weiter. Als Frau Ottilia drunen am Platze vor ihrem Hause Pferdegetrappel hörte, drängte es sie an das Fenster hin mit einem freudigen Aufschrei eilte sie aber sogleich hinab, als sie die heim¬ kehrende Emma gewahrte, und im Haus¬ flur umarmten sich Mutter und Tochter tränenden Auges. Wigbert stand daneben und wartete bescheiden, bis sich die Freude des Wiedersehens etwas gelegt hatte und Frau Ottilia, ihm beide Hände reichend, sich zu ihm wandte: „Wie soll ich euch für diesen Ritter¬ dienst danken, lieber Ritter Wigbert?“ Wigbert sah zu Emma hinüber und 219 hatte schon eine Antwort auf den Lippen, allein schnell unterdrückte er die innere Regung und meinte abwehrend: „Hab' ja nichts besonders getan, edle Frau — war Ritterpflicht und hoff' nicht mehr in die Lage zu kommen, euch die Tochter aus der Gefangenschaft retten zu müssen! Doch — Fräulein Emma wird müde sein, ihr erlaubt wohl, edle Frau, daß ich später wiederkehr und mich um ihr Befinden erkundige?“ „Gewiß, ei freilich, erwiderte die Kerschbergerin lebhaft, „haben wir doch über eure schöne Tat noch nicht das letzte Wort gesprochen.“ Wigbert trat zurück, nachdem er Frau Ottilia die Hand geküßt und wollte sich förmlich von Emma empfehlen. Diese aber, von ihren Empfindungen hinge¬ rissen und mit ihrer Kraft zu Ende, warf sich ihrem Befreier schluchzend um den Hals und küßte ihn. Frau Ottilia war über dieses zwang¬ lose Benehmen ihrer Tochter wohl recht entsetzt, als sie aber die ängstlichen Blicke des jungen Ritters gewahrte, die wie hilfesuchend und bittend zu ihr hinüber¬ ahen, wurde sie plötzlich umgestimmt. Sie trat auf ihre Tochter zu, streichelte ihr zärtlich das Haar und sagte lächelnd: „Warum weinst du denn, liebes Kind? Du bist ja wieder zu Hause, und der Ritter Hinterholzer wird dafür sorgen, daß du mir nicht wieder entrissen wirst, es sei denn, er täte es selber und sucht dazu um meinen Segen nach!“ Mit einem Ausruf des Glückes flog jetzt Emma ihrer Mutter an den Hals und wenige Minuten später verließ Wig¬ bert der Kerschbergerin Haus, nicht mehr — als „fahrender Gesell“ Frau Ottilia hatte ja angedeutet, daß sie ihm um Emma zu werben erlaube. Herzog Albrecht III. hatte mit großem Wohlgefallen Ritter Wigberts kühne Tat erfahren, und als Lohn hiefür emp¬ fing derselbe von des Herzogs eigener Hand am Samstag darauf in der Schloßkapelle zu Steyr den Ritterschlag.

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