wollt's nicht glücken, und der Fels da über uns scheint unzugänglich zu sein!“ Und Ritter Wigbert deutete auf den steil aufragenden Fels, an dessen Lehne die Geschütze postiert waren. „Ei, nicht doch,“ entgegnete der Ha¬ derer und sein Gesicht heiterte sich plötz¬ lich auf, „bin eben hergekommen, um euch den Weg hinauf zu zeigen zu der Spitze dieses Berges! Hab' solang herumgeschnüffelt, bis ich einen Fußsteig fand. Ist allerdings nur für gute Berg¬ steiger, dieser Pfad, aber — na, kommt mit, seht euch die Sache selber an! Ob ihr eure Feuerrohre da hinaufbringt, ist freilich eine andere Frage!“ Und damit wandte der Haderer sich wieder dem Gebüsche zu, aus dem er gekommen war. Wigbert rief seinen Stückknechten noch einige Weisungen zu und folgte dann erwartungsvoll dem Haderer. Der Pfad, den dieser ihm wies, war freilich mehr zum kriechen als zum stei¬ gen, als aber die beiden oben auf der Höhe waren, stieß Wigbert einen Jubel¬ ruf aus, den unter ihnen, auf dem Berge gerade gegenüber, lag Leonstein und im hellen Sonnenlichte erglänzten dessen Zinnen und hoben sich die ein¬ zelnen Baulichkeiten scharf und übersicht¬ lich ab. „St. Georg und Johannes,“ rief Wig¬ bert und schlug vor Freude die Hände zusammen, „wie wunderbar, wie präch¬ tig! Jede Kugel, von hier hinabgeschickt, chlägt durch und durch! Halleluja! Feld¬ hauptmann, Leonstein ist unser!“ Der Haderer, der mit finsteren Blicken auf die Veste herabgesehen hatte, stieß bei den Freudenausdrücken seines jungen Kriegskameraden ein spöttisches Lachen hervor. „Lieber Freund,“ sagte er etwas höhnisch, „man verkauft den Pelz nicht, bevor man ihn hat! Ihr müßtet ein Adler von der Größe und Stärke eines Elefanten sein, damit ihr im Flug auf euerem Rücken das Stückzeug herauf¬ schaffen könntet!“ 207 „Laßt das nur meine Sorge sein, Feldhauptmann,“ rief zuversichtlich Wig¬ bert,„wollen das schon machen! Aber Leute brauche ich, Leute, viel Leute, zu der schweren Arbeit.“ „Soviel ihr haben wollt,“ brummte der Haderer ungläubigen Angesichtes da¬ wider und setzte wie begütigend hinzu: „Na, nichts für ungut, daß ich Zweifel in das Gelingen eurer Ansicht hege, ist doch undenkbar, hier herauf die chweren Dinger zu schaffen! Aber das sag' ich euch Ritter Wigbert, bringt ihr das zustande und zwingt ihr die Veste durch das Feuer von hier zur Uebergabe, so will ich's schon durchsetzen beim Herzog, daß er euch fürstlich für euren Eifer und eure Kunst belohnt!“ „Laßt das, Feldhauptmann,“ sagte Wigbert mit abwehrender Geberde, aber im Innern schon freudig daran denkend, daß er dann seinem Ziele, um Emma von Kerschberg zu freien, nahe wäre „was ich tun kann, soll geschehen, und Gott sei mit mir, dann soll dieses Raub¬ nest da unten am längsten bestanden haben! Rohrer, du hast dein Rohr ge¬ funden! Leonstein — Habsburg ist dir über!“ Die beiden untersuchten noch die Kuppe, worauf sie standen, und fanden sie groß genug für ihre Zwecke, dann tiegen sie wieder abwärts, immerwäh¬ rend prüfend und beratend, wie ihr Vor¬ haben auszuführen wäre. Als der Herzog am anderen Tage wieder nach Leonstein kam, gab er seinen Rittern Nachricht von den Ueberfall des Matthäus von Rohr und diese Kunde versetzte Ritter und Reisige in hellen Zorn. Wigbert war starr vor Entsetzen, wie er die Gefangennahme Emmas von Kerschberg vernahm, als er sich aber von seinem Schreck erholt hatte, da chwur er hoch und teuer, diese neue Schandtat sollte die letzte sein, die sich ein Rohrer vermesse auszuüben, und sein Zorn, sein Schmerz und seine Rachsucht machten seinen Geist erfindungsreich und
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