Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1917

206 für diese Rede, wollen euer gedenken, wenn wir guten Rates bedürfen!“ Und der Herzog streckte dem Ritter die Rechte entgegen, die derselbe ehr¬ erbietig drückte. „Und die Sache der Rohrer?“ frug Herr Wolfgang jetzt, und ein Schatten flog über sein Gesicht. „Hab' ich, wie's nicht anders sein kann, ganz von der des Adels getrennt,“ er¬ widerte der Herzog, plötzlich wieder sehr ernst werdend. „Das ist was anderes, die Politik und das Räuberwesen! Hätt euch beinah in einen Topf geworfen, mein lieber Herr Wolfgang, mit den Raubrittern von Rohr, aber deut' ich eure vorigen Worte nun richtig, so ver¬ abscheut ihr eurer Brüder Untaten eben¬ 77 so, wie wir — „Gewiß, gnädigster Herr,“ erwiderte der Rohrer fest. „Ich tat was ich konnte, um meine Brüder zurückzuhalten, haben aber zu heißes Blut, und so konnt's nicht anders kommen! War aber, ehr¬ lich sei's gesagt, soeben auf dem Wege zu euch, Herr Herzog —“ „Zu mir, Herr Wolfgang von Rohr: Doch nicht Leonsteins wegen?“ es doch, Herr Herzog — „Hm, — ist mein leiblicher Bruder, der dort, wie ihr selber sagtet, im Käfig sitzt und das wollt' ich vermitteln, so es an¬ —7 ginge Der Herzog sah einige Augenblicke fin¬ ster seinen Rappen zwischen die Ohren und streichelte dessen prächtige Mähne. „Ihr seid ein wahrer Ritter,“ sagte er dann sich im Sattel hoch aufrichtend, „und ich will dessen seinerzeit gedenken! Aber eins wollt nicht vergessen: mit den Rohrern als Adelige, wollen wir vielleicht uns verständigen — aber Leonstein, die Hauptburg und das Raubnest der Raubritter von Rohr, muß fallen, das sind wir dem Lande chuldig! Und nun, Gott mit euch, Herr Wolfgang von Rohr — wir hoffen auf euren Verstand und eure Mäßigung, so wir in Leonstein fertig sind!“ Und wieder reichte der Herzog Herrn Wolfgang die Hand und galoppierte hierauf gen' Leonstein von dannen, wo¬ bei er murmelte. „Hat Recht, der Hinterholzer — ist ein pfiffig Pfäfflein, der Gleinker! Aug' um Aug', Zahn um Zahn, sagte er, und dann die Milde — so walt' es Gott!“ Herr Wolfgang von Rohr aber drückte im Vorbeireiten dem Ritter von Hüssen¬ dorf derb die Rechte und raunte ihm zu: „Ein gar seltsam' Zusammentreffen das! He? St. Georg! Nun sieht's nicht gar so trübe mehr aus in unserem chönen Lande ob der Enns, und auch nicht mit den Rohrern! Der Herzog ist der schlimmste nicht! Gott mit ihm und uns!“ XI. Gegen die Mauern der Veste Leonstein donnerten die Geschütze der Belagerer. Ritter Wigbert stand bei den feuer¬ speienden Eisenkolossen an einem Baum gelehnt, und beobachtete mißmutig das Einschlagen der ungeheuren Steinkugeln in die Mauern der Burg, von denen sich langsam Stein um Stein beim An¬ schlagen der Kugeln losbröckelte. „Na, es wird wohl noch lange dauern, bevor dieses Raubnest gebrochen ist, mein lieber Wigbert, he?“ frug der Ritter Haderer aus dem Gebüsch tretend, das hinter der Geschützpostierung den an¬ steigenden Hang bedeckte. „Ist's doch, als ob der Rohrer mit Satan in Ver¬ bindung stände!“ „Gott sei's geklagt,“ entgegnete Wig¬ bert seufzend. „Seht nur hinauf Feld¬ hauptmann, wie die Kugeln eingeschlagen in das Nest! Bis sie aber anlangen, haben sie jede Kraft verloren. Ja, wenn ich von oben herabschießen könnte, da solltet ihr den Spaß sehen, Feldhaupt¬ mann! Binnen 48 Stunden wären sie mürbe und Leonstein und die Rohrer unser! Habt ihr auch keinen Weg ent¬ deckt, der höher ist als die Burg? Mir

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