Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1917

das war kein Raubritter, gewiß nicht der trat nur für die angeblich be¬ drohten Rechte des Adels ein und dessen Wort hatte Gewicht in der Frage der Politik! Diese Dinge bildeten den Inhalt des Gespräches, das Herzog Albrecht mit seinem Begleiter, dem Ritter von Hüssen¬ dorf führte, als er so langsam dahin¬ trabte. Sie mochten wohl noch mehr als eine Wegstunde nach Leonstein hinein haben, als von einem Seitenwege, der in die Landstraße einmündete und dessen Ab¬ zweigung von derselben hart an der Straße ein Wäldchen umsäumte, ein Rit¬ ter, gefolgt von zwei Reisigen, heraus¬ gallopierte und dem Herzoge entgegen¬ kam. Als sich der Herzog und der Ritter nahe genug waren, um sich zu erkennen, machten der hohe Herr und der Ritter recht erstaunte Mienen, ob des seltsamen Zusammentreffens. Der Ritter wandte sein Pferd von der Straße ab, hielt an und wollte den Herzog offenbar passieren lassen. Als dieser an den Ritter herankam, zog dieser ruhig das Barett vor dem Herzog, der, einer plötzlichen Eingebung folgend, sein Pferd vor dem Ritter pa¬ rierte und dessen Gruß mit leichter Hand¬ bewegung erwidernd, nicht allzufreund¬ lich sagte: „Mein lieber Wolfgang von Rohr, das ist ein gar seltsam' Zusammentreffen gerade hier, etlich' Stund' von Leon¬ stein! Wir wollen nicht hoffen, daß ihr da herumreitet, um den grimmigen Wil¬ helm, so zu Leonstein im Käfig sitzt, Befreier zu werden!“ „Gewiß nicht, gnädigster Herr,“ ent¬ gegnete Wolfgang von Rohr, denn er — 47 war der Ritter, „ich war drüben und deutete mit der Hand nach Steyr hinab — „auf meinem Gut, nachzusehen, wie die Ernte eingeheimst wird — im übrigen scher ich mich nicht um diese Fehde, die mir in der Seele zuwider ist.“ 205 „Euch ist sie zuwider?“ frug der Her¬ zog, überrascht durch diese Worte. „Ei, da höre ich fröhliche Botschaft! Wollt mir das näher erklären, Herr Wolfgang von Rohr — ich hielt euch bis jetzt für das geistige Haupt eurer Familie und für den gefährlichsten Gegner, so uns zu Steyr das Regieren sauer macht! Dabei gab der Herzog mit der Hand dem Gefolge ein Zeichen, das sogleich abseits ritt, so daß der Fürst und Wolf¬ gang von Rohr unbelauscht miteinander sprechen konnten. „Nicht doch, Herr Herzog,“ erwiderte Herr Wolfgang in seiner ruhigen Weise. „Wohl bin ich nicht mit allem ein¬ verstanden, so ihr von dem Adel ver¬ langt, und daher euer Gegner — aber nimmer mit dem Schwert in der Hand! Da sei Gott vor, daß ich dem Landes¬ nur fürsten ungeberdig gegenübertrete — das Wort kann einem — die Waf¬ fen entzweien —“ „Wahr gesprochen,“ nickte der Herzog freundlicher werdend, „haben auch wirk¬ lich noch niht gehört, daß ihr das Schwert gegen uns entblößt hättet! Saßet aber im Rate der Herren gegen mich —“ „Um zu wahren, was euer hochseliger Herr Bruder der Herzog Leopold uns verliehen an Vorrechten,“ fiel rasch der Rohrer ein, „und hab's noch nicht auf¬ gegeben, zu hoffen, daß der Herr Her¬ zog sich mit uns gütlich verständigen wird — mit dem Adel insgesamt und mit uns, den Rohrern!“ Der Herzog nickte mit gnädiglicher Miene den Sprecher an. „So ihr diese Worte dem Adel gegen¬ über zur Tat werden lasset, Herr Wolf¬ gang von Rohr,“ erwiderte er freund¬ lich, „ist alle Aussicht darauf, daß der Adel mit seinem Landsherrn Frieden — St. Georg, da waren wir schließt, schlecht beraten, als wir euch für das Haupt der Unzufriedenen hielten und wir freuen uns, in euch einen so wackeren Recken mit doch so friedlichem Geist kennen gelernt zu haben — habt Dank

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