„Erlaubt, gnädigster Herr, daß euch das Frau Ottilia von Kerschberg hier erzählt, die soeben heraufkam und Klage führte,“ bat der Burggraf auf die Da¬ me weisend, die näher getreten war und sich nun weinend und händeringend dem Herzog zu Füßen warf. „Um Gott, steht auf, edle Frau, rief der Herzog überrascht aus, „ich hab's nicht gern, wenn man vor mir kniet, das soll man nur vor Gott allein was ist euch geschehen, edle Frau, daß ihr so erregt seid?“ Und der Herzog richtete Frau Otti¬ lia vom Boden auf, die nun schluchzend hervorstammelte: „Ein Rohrer hat soeben meine Toch¬ ter geraubt, gnädigster Herr, und ich bin gekommen um Hilfe zu bitten Gott sei gelobt, daß ich euch selber meine Bitte vortragen kann —“ Der Herzog wurde sehr ernst und vergessend, daß man sich im Schlo߬ hofe befand, und hier nicht der Ort zum Audienzerteilen sei, sagte er hastig: „Wenn ihr sagt, ein Rohrer hat euch ein Leid getan, so muß es wohl so sein sind drei Buschhähne, so sich Roh¬ rer heißen, und einer wilder als der andere! Erzählt doch, ich bitt' euch, kurz, was sich zugetragen, vielleicht läßt 7 sich rasch helfen „Kaum, gnädigster Herr,“ sagte Frau Ottilia und trocknete sich die tränenden Augen mit dem spitzenbesetzten Taschen¬ tuch, „die sind über alle Berge, die Elenden! doch ich will wenig Worte machen, gnädigster Herr. Wir gingen heut' morgens auf meinen Maierhof hinaus, der oberhalb des Dachsberges liegt.“ „Wer ging hinaus?“ frug der Herzog, der vor Ungeduld brannte, endlich zu erfahren, was sich zugetragen hatte. „Der Herr von Stadel und der Herr von Traising, ich und meine Tochter Emma und deren Kammermädchen,“ fuhr Frau Ottilia fort, „wollten dort den Tag angenehm verbringen. Verlief auch gut bis nach dem Mittagessen, was 203 wir im Garten nahmen. Hörten da plötz¬ lich das Getrappel von vielen Pferden und ein wildes Hallo. Wie wir entsetzt uns fragten, was da los sei, stürmte aus dem Hause heraus in den Garten herein eine Rotte Bewaffneter auf uns zu.“ „Um Gotteswillen,“ rief der Herr von Stadel aus, „seh' ich recht, da ist ja einer der wilden Rohrer! „Ganz recht,“ entgegnete einer der ritterlich Geharnischter, „bin einer da¬ von, der Matthäus von Rohr! Nur keine Angst, habe es nicht auf euer Le¬ ben abgesehen — nur etwas Geld brauche ich, und an dem hat's ja bei der reichen Kerschbergerin und denen von Stadel und von Traisen keinen Mangel! Kurz und gut 300 Gold¬ gulden seid ihr mir im Augenblick wohl wert — erlegt sie, oder ich nehm' euch mit! „Unverschämt,“ murmelte der Herzog, „und das am hellen Tage! Was geschah weiter, edle Frau?“ „Ei, gnädigster Herr, es gab ein ge¬ waltig Gezänke, denn wo sollten wir das Geld wohl auf der Stelle herneh¬ men?“ meinte Frau Ottilia, und als der Herzog nickte, fuhr sie fort: „Der Rohrer sah, daß er kein Geld bekäme fluchte sündhaft und sagte endlich in¬ grimmig: Gut denn! die Herren von Stadel und von Traisen, das Fräulein Emma und die Zofe da sind meine Gefange¬ nen, die nehmen wir mit uns! ihr, Frau Ottilia, bleibt zurück und sammelt das Lösegeld für die drei — die Zofe wollen wir nur aus Ritterlichkeit für eure Tochter mitnehmen, obwohl sie uns Scherereien machen wird und kein Löse¬ geld von ihr zu erwarten ist!“ „Und nun half weder mein Bitten noch Drohen — der Rohrer zwang die vier, mit ihm zu gehen, und bald hörte ich sie davonsprengen!“ Der Herzog hatte anscheinend ruhig zugehört und nur seine Unterlippe ver¬
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