194 Die Gefangenen nickten ebenso kurz als Antwort und bald waren sie und der Knappentroß entschwunden und ihre Schritte verhalten immer mehr in den Gängen der weitläufigen Burg. VI. „So,“ sagte Wilhelm von Rohr, in¬ dem er die Saaltür hinter den Ab¬ gehenden selber verschloß, „das wär' in Ordnung! Und nun, da wir so schön beisammen sind, wir Herren von Rohr, wollen wir Familienrat halten, du hast doch nichts dagegen Wolfgang?“ Wilhelm von Rohr sagte die letzten Worte mit einem bösen Blick auf den Bruder, der anscheinend teilnahmslos, mit auf der Brust gekreuzten Armen, vom Fenster aus still zugehört hatte, was verhandelt worden war. „Durchaus nicht,“ entgegnete jetzt Wolfgang mit festem Blick seinen Bruder ansehend. „Setzt euch immer hin, er¬ laubt mir aber, meinen Platz bei¬ —7 zubehalten „Wie du willst,“ sagte Wilhelm von Rohr gleichgültig und ließ sich gleich seinen beiden jüngeren Brüdern am Tische nieder und stieß mit ihnen den Humpen an. „Der heutige Fang ist für uns hochwichtig, denn erstlich bringt er Geld in's Haus, so auch nicht zu ver¬ achten ist, und zum zweiten können wir die Salzburger als Geiseln bei den Ver¬ handlungen mit dem Herzog benützen.“ „Wie das?“ frugen Matthäus und Andreas zugleich. „Nun, ich meine die Sache ist ziemlich einfach,“ erläuterte Wilhelm von Rohr. „Der Herzog hat den beiden sicheres Geleit verbürgt und ist daher verpflich tet, dafür zu sorgen, daß sie mit heiler Haut zurückkommen nach Salzburg. Er wird die Gesandten daher auslösen müssen und darauf baue ich meinen Plan. Wir haben einiges am Kerbholz beim Herzog und würden viel von dem her¬ ausgeben müssen, was wir mit dem Schwerte uns erworben haben. So aber wäscht eine Hand die andere. Der Her¬ zog erhält die beiden Gesandten und kann dem Erzbischof von Salzburg sein Wort bezüglich des „sicheren“. Geleites einlösen, aber — er muß mit uns seinen Frieden machen und nicht ein Stein darf uns entrissen werden.“ „Du bist nicht umsonst das Haupt der Rohrer,“ meinte Matthäus, seinen Bruder unverhohlen mit bewunderten Blicken betrachtend. „Donner und Blitz, das müßt' mit merkwürdigen Dingen zu¬ gehen, wenn uns jetzt noch welche Gefahr von Seite des Herzogs drohen würde. „Und noch dazu bei seiner Friedfertig¬ keit,“ pflichtete Andreas bei. „Die beiden Gesandten sind ganz unbezahlbar und wir werden sie hüten wie unsere Augäpfel —“ „Meine Lieben,“ fiel da Herr Wolf¬ gang plötzlich ein, „erlaubt, daß ich auch ein paar Wörtel dreinrede.“ Und als die drei ihn forschend an¬ sahen, fuhr Herr Wolfgang fort: „Wie ich über euer Tun den Bürgern gegen¬ #7 über denke, wißt ihr „Gewiß,“ unterbrach ihn Wilhelm, roh lachend. „Hast uns schon oft gepredigt darüber, ändert aber nichts an der Sache.“ „Gut, fuhr Wolfgang ruhig fort, das ist eben Ansichtssache. Was dem einen recht ist, findet der andere oft gar sehr als unrecht; doch nicht davon rede ich. Mich will's nur bedünken, daß ihr den Herzog denn doch falsch beurteilen könntet. Auch seine Geduld hat ein Ende und mancher Rittersmann hat das er¬ fahren müssen. Wie, wenn er zu den Waffen gegen euch greift?“ „Oho, so weit wird's nicht kommen, brauste Wilhelm von Rohr auf. „Und wenn auch — der ganze Adel wird mit uns sein, du nicht, Wolfgang, das ist sicher, denn du sagtest doch gerade; der Herzog wird die Waffen gegen euch ergreifen?“ „Es ist so“ nickte Wolfgang ruhig. „Ich kann euch selber nicht beistehen in einer Sache, die mir nicht gerade däucht, doch ich werde alles tun, um
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