Das habt ihr euch heute früh auch nicht gedacht, bei uns zu übernachten und unsere Gastfreundschaft in Anspruch zu nehmen, he?“ 77 „Gewiß nicht, Herr Ritter von Rohr, entgegnete der weltlich gekleidete der beiden, ein Baron Goldeck, mit fester Stimme, „und was eure Gastfreund¬ chaft anbelangt, ihr Herren, so werden wir sie teuer genug bezahlen müssen!“ „Ei, wie ihr das schnell herausge¬ funden habt, weshalb ich euch aus der ehrsamen Stadt Steyr hieher gebracht habe,“ sagte Wilhelm von Rohr und lachte und Matthäus und Andreas lach¬ ten mit ihm. „Seid eben Diplomaten von Talent, will das dem Herrn Erz¬ bischof seinerzeit rühmlichst bekanntgeben! Da mir eure Rede beweist, daß ihr euch nicht weigern werdet, eure Verkösti¬ gung, so ihr allhier erhaltet, gut zu bezahlen, wollen wir euch auch darnach halten!“ „Matthäus, du hast besonderes Ge¬ chick zum Mundschenk, walte deines Amtes und reich den Herren einen Willkommentrunk — werden durstig sein nach dem scharfen Ritt'.“ Matthäus von Rohr ergriff, ohne eine Miene zu verziehen, einen der am Tische stehenden Humpen, überzeugte sich durch einen raschen Blick, daß er fast voll sei, und reichte das Gefäß dem Priester mit etwas linkischer Verbeugung und sagte: „Willkommen auf Leonstein, ihr Her¬ ren! Ein Freiherr von Goldeck und ein Freiherr von Felber haben unter ihren Standesgenossen, denen von Rohr, nur ritterliche Behandlung zu erwarten und selbst als deren Gefangene nichts zu fürchten 7 „Höchstens das Geschröpftwerden unterbrach der Salzburger Hofgeistliche Freiher von Felber trocken den Rohrer und nahm ihm ruhig den Humpen und, trank, worauf er ihn seinem Leidensge¬ fährten reichte, der sich ebenfalls labte und dann dem Rohrer das Gefäß zu¬ rückgab. 193 Wilhelm von Rohr hatte bei den Worten des Freiherrn von Felber ein Schmunzeln der Zustimmung nicht unter drücken können und noch hatte der Frei¬ herr von Goldeck seinen Labetrunk nicht getan, als er sagte: „Na, nun hätten wir die Herren auf Leonstein eingeführt— es wird eure Sache sein, bald von hier loszukommen! Und was das Schröpfen anbelangt, diu lieber Himmel, der hochwürdigste Herr Erzbischof kann ja zahlen für seine Ge¬ andten! Wie hoch die Summe sein wird, die wir als Lösegeld fordern, wissen wir noch nicht, das werden wir euch morgen bekanntgeben. „Mit welchem Recht fordert ihr denn überhaupt Lösegeld von uns?“ rief der Freiherr von Goldeck, dem der Hohn, mit dem sie dieser Wegelagerer über¬ schüttete, das Blut in's Gesicht trieb. „Wir sind als Gesandte unverletzlich und fordern freies Geleit aus eurem Gebiet dann erst wollen wir mit euch über unsere Gefangennehmung reden „Oho, da kämen wir nicht auf unsere Kosten,“ sagte der älteste der Rohrer lachend und strich den krausen Bart. Unverletzlich seid ihr, es wird euch hier niemand etwas zu leide tun, so ihr euch ruhig verhält! Doch genug der Rede für heute! Burgvogt!“ Ein ältlicher, etwas beleibter Mann trat aus der Schar der Knechte, die an der Saaltür aufmerksam zuhörten, hervor. „Ihr befehlt, edler Herr?“ „Die zwei edlen Herren führt nach dem Wartturm, der gen' Norden steht, befahl Wilhelm von Rohr. „Behandelt die Herren ihrem Range gemäß, im übrigen sollt ihr noch Befehle erhalten!“ Der Raubritter erhob sich und machte den beiden Gefangenen eine so deutliche Handbewegung, daß sie dem Burgvogt nachfolgten. Wilhelm von Rohr be¬ gleitete sie bis an die Saaltür und machte da den beiden Freiherren eine leichte Verbeugung und sagte trocken: „Gute Nacht, ihr Herren!“ 13
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