Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1917

„Nichts, was dich beträfe,“ gab der Junker zur Antwort, „bleib nur wo —7 du bist Und im kurzen Trabe, gings dem Schloße zu, wo Junker Wigbert dem Burggrafen sein Abenteuer vermelden wollte. III. Um die ferners zu erzählenden Er¬ eignisse zu verstehen, sei es hier gestattet, ein kurzes Bild der politischen Lage Steyrs zu geben. „Steyr, die Burg und die Stadt, waren bei der Länder¬ erteilung zwischen Herzog Albrecht III. und Herzog Leopold bei Albrecht ver¬ blieben, der sie durch Burggrafen ver¬ walten ließ; die ritterliche Gewalt be¬ saß bereits der Stadtrichter. Herzog Leopold*) hatte, um seinen Bruder Albrecht zu der Ländererteilung zu vermögen, den Adel gegen diesen be¬ nützt, der den Bruderzwist nur ausnützte und unbotmäßig wurde. In der Zeit, in der die Erzählung beginnt, hatten viele Ritter zum lieb¬ gewordenen Räuberhandwerk gegriffen, und Herzog Albrecht III. war daher gezwungen, ihre Raubburgen zu brechen und durch Feuer zu zerstören. Auch in der nächsten Nähe Steyrs hauste ein unbotmäßiges Rittergeschlecht, die Rohrer genannt. Auf dem vier Stunden entfernten Schlosse Leonstein saß der älteste von sechs Brüdern, Wil¬ helm von Rohr, ein Raubritter schlimmster Sorte und machte, unterstützt von seinen Brüdern Matthäus und Andreas alle Straßen unsicher, plün¬ derte und raubte, machte allerorten Ge¬ fangene und erpreßte von ihnen für die Freilassung hohes Lösegeld. Herzog Albrechts Mahnungen an die Rohrer fruchteten nichts und der Herzog sah sich endlich gezwungen, ernstlich ein¬ zuschreiten. Aus dieser Ursache befand er sich jetzt — Juli 1390 — in Steyr. Von allen Seiten drang man in Her¬ *) Gefallen 9. Juli 1586 in der Schlacht bei Sempach in der Schweiz. 183 zog Albrecht, die Rohrer mit Waffen¬ gewalt zu Paaren zu treiben, allein der Herzog wußte, daß der oberöster¬ reichische Adel das mit nicht günstigen Augen ansehen würde und die Rohren bei demselben Unterstützung fänden, und zog es vor, friedlich zu lösen, was durch das Schwert zu lösen noch sehr frag¬ lich war. So standen die Dinge zu Steyr, als das im vorigen Abschnitte geschilderte Ereignis eintrat und wir kehren wieder zu unserer Erzählung zurück. Zur selben Stunde, als Junker Wig¬ bert zum Schlosse hinaufritt, um sein Abenteuer zu vermelden, befand sich der Herzog mit mehreren Räten und Rittern gerade in der kleinen Ratsstube, deren Fenster auf die Steyr hinausgingen, um mit denselben zu beratschlagen, was nun gegen die Gebrüder Rohrer zu unter¬ nehmen sei. Es waren nebst dem Herzog noch an¬ wesend: der Abt Nikolaus I. von Garsten*) eine imponierende Priester¬ gestalt mit seinem durchgeistigten Antlitz, ein Bruder, der Burggraf von Steyr, ferner der Abt Ulrich II. von Gleink**) eine schmächtige Ge¬ stalt mit freundlichen wohlwollenden Zü¬ gen und dem Herzog an dem runden Tische gegenüber saß ein Ritter von hünenhafter Gestalt und trotzig ent¬ chlossenem Gesicht: Zacharius Ha¬ derer, der Feldhauptmann Herzog Al¬ brecht III., dessen Mut und Kriegskunst dem Herzog schon manch' wichtigen Dienst geleistet hatten. Georg Albrecht selbst saß in einem Sessel, dessen Lehne reich geschnitzt war und am Aufsatze einen Herzogshut in vergoldeter Schnitzerei zeigte. Er hatte beide Arme auf die Handstützen des Stuhles gelegt und sah aufmerksam zu dem Ritter Haderer hinüber, der so eben sprach und sich dabei sehr lebhaft geberdete. *) Aus der Familie von Denkhen. Abt von 1565—1399 **) Abt von Gleink von 1581—1403, aus der adeligen Familie der Hinterholzer.

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2