182 vorgefallen war, gingen die Leute zum Brunnen hin, um den Junker und seinen Knappen darüber zu befragen und ihm wenn nötig, Hilfe zu leisten. „Was hats denn gegeben?“ frug einer der Männer den Knappen, der seinem Herrn den rechten Aermel des Wamses vom Arme gestreift hatte und die blu¬ tende Wunde am Oberarm wusch. „Was weiß ich,“ entgegnete der Knappe unwirsch. „Donnert da ein Fähnlein Reisiger an uns vorüber, bin¬ den zwei ruhig des Weges daherkom¬ mende Männer, einen Ritter und einen Priester, heben sie auf ihre Pferde und wollen damit fort. Mein Herr und ich ihnen entgegen — vergebliche Müh'! Fort sind sie über alle Berge und mein armer Herr hat nun einen Denkzettel daran! „Schwätz' nicht so viel,“ unterbrach der Junker den Redestrom seines Knappen, und mach', daß du mich verbindest. Ich muß hinauf in die Burg und den Vor¬ fall dort vermelden — das waren keine herzoglichen Leute „Junker, es wäre alles recht wenn wir etwas Linnen zum verbinden hätten,“ meinte der Knappe. „Ist nur ein Fleischhieb und gar nicht zu tief, aber verbunden muß er werden, damit das Bluten endet. Leute,“ wandte er sich an die Umstehenden, „eilt und schafft etwas Linnen herbei —“! „Das ist schon da,“ sagte da eine weib¬ liche Stimme und durch die Vorstehenden drängte sich eine Magd, in den Händen schneeweißes Linnen und Bänder aus demselben Stoff haltend. „Da, da, habt ihr, es wird wohl genügen, denke ich —.“ „Ei, ihr seids?“ rief der Knappe er¬ freut, denn es war dieselbe Dirne, mit der er vorher am Brunnen geplaudert hat. „Euch sendet Gott —“ „Ei, nicht doch,“ sagte sie lächelnd „meine Herrin sendet mich, die vom Fenster aus gesehen hat, wie der Jun¬ ker verwundet wurde und nun hier Hilfe sucht — wartet, ich lege den Ver¬ band an, Junker, der Knappe da ist ja doch zu ungeschickt dazu —“. Und geschäftig begann die Dirne, ihren Worten die Tat folgen zu lassen, und rasch war der Verband fertig. „Wer ist denn eure Herrin?“ frug dabei der Junker, während Kurt mit den Umstehenden sich in ein Gespräch vertiefte „Oh der Junker kennt sie wohl,“ entgegnete das Mädchen halblaut, indem sie die Bänder wickelte. „Das edle Fräu¬ lein Emma von Kerschberg ist's das mich schickt“ „Was,“ rief der Junker und wurde —77 blutrot im Gesicht, „Emma Pst — so schweigt doch Junker, sagte das Mädchen ruhig. „Sie läßt euch grüßen und sagen, ihr sollt nur ja nicht kleinlaut werden, von wegen der Ab¬ fertigung, die ihr heut' erfahren. Sie hält zu euch und denkt nicht daran, euch zu verlieren; wär selber hieherge¬ kommen — hat aber nicht aus dem Hause dürfen — na, so, bis der Bader nachhilft, wird's wohl halten — Gott mit euch, Junker“ Der Junker, dem diese Worte wie himmlische Sphärenmusik dünkten, hätte sie gerne zurückgehalten, die Dirne war aber so rasch in der Menge der plau¬ dernd umherstehenden Leute verschwun¬ den, daß er nur tief aufseufzte, mit Hilfe seines Knappen sein Wams wieder ganz anzog und sein Pferd bestieg, wo¬ rauf er dasselbe gegen die Burg in Bewegung setzte. Als er am Hause der edlen Frau Ottilia von Kerschberg vorbeikam, sah er suchend zu den Fenstern empor, plötz¬ lich fuhr er an das Barett und grüßte ehrerbietig hinauf, denn an einem Fen¬ ster stand Emma von Kerschberg und nickte ihm freundlich zu. „St. Georg und Johannes,“ mur¬ melte er hocherfreut und seufzte erleich¬ tert auf, „jetzt bin ich getrosten Mutes“. „Was sagt ihr, Junker?“ frug der Knappe und ritt etwas vor zu seinem Herrn.
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