die Hinterholzer sind von gutem Adel“. Frau Ottilia machte eine abwehrende Handbewegung, die soviel Gering¬ schätzung ausdrückte, daß sie dem Jun¬ ker eine Blutwelle in das Gesicht trieb. „Ach, nicht das ist es allein, Junker, meinte die Edelfrau, „das wäre aber genug — keine Kerschbergerin heiratet unter ihrem Stande; es ist aber noch ein heiklich Ding, das zu beachten ist —“ 0 „Das wäre, edle Frau“: „Ei, du mein Himmel, ihr müßt euch für einen Ausbund alles Guten unter eurem Geschlecht halten,“ sagte Frau Ottilia spöttisch. „Selbst wenn ich eure Armut übersehen würde und all das andere, so müßte ich mir doch sagen, daß ich mein Kind nie und nimmer einem — fahrenden Gesellen geben kann, —77 der in aller Welt seine Heimat sieht Frau Ottilia hatte die letzten Worte langsam gesprochen und ganz besonders — die Wirkung, die sie auf betont den Junker hervorbrachten, war daher eine gewaltige. Er schnellte von seinem Sitze in die Höhe und richtete sich hoch auf, so daß man jetzt gewahren konnte, was er für ein prächtiger, starker, junger Mann sei. Sein Gesicht war dunkelrot vor Er¬ regung geworden. Er streckte die Hand gebieterisch gegen die Dame aus und und sagte mit fester Stimme: „Genug, edle Frau, es ist nicht nötig daß ihr euren Gründen für eure Weige¬ rung auch noch Beleidigungen hinzuge¬ fügt. Merkt jetzt eurerseits wohl, was meine letzten Worte hier vor euch sind: ich bin arm, aber aus edlem Geschlecht wie ihr — kein fahrender Geselle, der keine Heimat hat, sondern das Schwert gebrauchend überall dort, wo es für ge¬ rechte Dinge notwendig ist! Ich bin eurer Tochter Emma mit treuer Minne zugetan und trage ihre Farben mit ihrer Erlaubnis — mit ihr durchs Leben, oder ohne ihr in den Tod, wie der Himmel will! Und nun, Gott befohlen, edle Frau“. 179 Und er machte der ebenfalls aufge¬ standenen Frau, die ihn mit zornigen Blicken gemessen hatte, eine tiefe Ver¬ beugung und stürmte aus der Stube. II. Der Junker war hastig die finstere enge Holztreppe hinuntergepoltert, denn es drängte ihn, an die frische Luft zu kommen. In ihm kochte es förmlich, denn so tief sein Schmerz über die Ab¬ weisung war, die er soeben von Frau Ottilia von Kerschberg erfahren hatte, so groß war auch seine Entrüstung über den ihm angetanen Schimpf. „Fahrender Geselle,“ murmelte er zwischen den Zähnen, als er aus den Haupttor auf den Stadtplatz trat, „was meint sie damit? Bin ich ein Landstrei¬ 77 cher und Tagedieb? Gottes Blitz Er stieß in seiner Aufregung ziemlich unsanft an einen eben vorübergehenden Bürger an, der sich hastig entfernte, denn in damaliger Zeit mied, man gerne ein Zusammentreffen mit unbekannten Kriegsleuten; den Junker aber brachte der Stoß, den er erhalten, wieder voll¬ kommen zu sich. Er sah über den Stadt¬ platz wie suchend umher und rief dann laut und befehlend: „Kurt, hieher, be¬ eile dich“ Bei diesen Worten gab es einem, etwa zwanzig Schritte vor dem Junker am Stadtbrunnen zwei gesattelte Pferde haltenden Manne in Knappentracht einen — Der Knappe hatte förmlichen Riß. dort mit einem eben Wasser holenden Mägdelein gescherzt, als der Ruf er¬ scholl; er grüßte kurz die Dirne, hob die Köpfe der Pferde in die Höhe, und führte die Tiere dem Junker zu, der ihm entgegeneilte. Augenscheinlich erwartete er von dem Junker, der sein Herr und Gebieter war, eine Ansprache, da er aber keine erhielt, sah er rasch und prüfend seinen jungen Herrn ins Angesicht, lächelte so, wie verständnisvoll, löste rasch das Schwert vom Sattel des einen Pferdes, über¬ reichte es dem Junker und während 125
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