in Steyr eine anwesende Gesamt=Be¬ völkerung von 13.617 Personen und seit der letzten Zählung von 1857 eine Vermehrung von 2882 Personen er¬ geben. 1870. Am Jahresbeginn muß die allge¬ meine Staatslage als sehr günstig betrachtet werden, denn unter einer ver¬ fassungsmäßigen, freisinnigen Regierung blühen allenthalben Industrie und Han¬ del und Banken und Aktiengesellschaften schießen wie die Pilze empor, was natür¬ lich auch ein weiteres Sinken des noch immer über 20% stehenden Silberagios verhindert. In Steyr ist auch der all¬ gemeine Aufschwung in jeder Be¬ ziehung unverkennbar und die im Jänner 1870 abgeschlossene allgemeine Volkszählung weiset eine anwe¬ sende Bevölkerung in der Stadtpfarre von 5236 und in der Vorstadtpfarre von 8381, zusammen also von 13.617 Per¬ sonen aus. Gegen die letzte Volkszählung vom Jahre 1857 eine Vermehrung von 2882 Personen. Bedeutende Sorgen stehen der Stadt¬ kommune durch die unabweisliche Or¬ ganisirung der Unterrichts¬ anstalten bevor, indem die städti¬ schen Schulen in Ennsdorf und Aichet überfüllt sind, die Unterrealschule dem Bedürfnisse nicht genügt und anstatt oder neben derselben eine Bürgerschule beantragt wird. Uebrigens ist in Steyr die Woh¬ nungsnot bereits aufs höchste ge¬ tiegen. Es hat sich wohl unter den Ar¬ beitern eine Aktiengesellschaft unter der Protektion des Herrn Werndl gebildet, welche auf dem von ihm geschenkt er¬ haltenen Voglfelde zehn neue Häuser zu Arbeiterwohnungen erbauen will, al¬ lein damit wird besonders für honettere Parteien noch nicht viel geholfen sein. Der schöne Bauplatz auf der Ennsleiten, nämlich das Feld der Bäuerin Th. Seidl und der der Eisenbahnbauunternehmung gehörige Rest der Haller Felder bleibt 159 wegen überspannten Preisen leider un¬ benützt. Am 9. Jänner, abends halb 10 Uhr brannte von dem zuerst aus der Jo¬ cher Papiermühle erbauten Werndl¬ schen Fabriksgebäude der Dach¬ stuhl und das zweite Stockwerk aus un¬ bekannter Ursache ab. Am 30. der schönste Wintertag, wo auf der Ennsleiten und durch den Bahn¬ hof ein sehr zahlreich besuchtes und ele¬ gantes, vom Kürschner Schreiner aran¬ giertes Schlittenwettfahren statt¬ fand. Am 2. Februar wurde bei 10 Grad und eisigem Ostwind, nachmittags ein von der Stadtgemeinde veranstaltetes noch eleganteres Schlittenwett¬ rennen mit hübschen Maskenzug, be¬ ritten und zu Fuß, auf demselben Platze abgehalten, wobei für die Armen der namhafte Betrag von 388 fl. einge¬ gangen ist. Am 6. Februar fand wieder ein Pri¬ vatschlittenrennen auf der soge¬ nannten Schwarzmeier Wiese statt. Zu Ende Februar wurde auf dem Vogl= (nunmehr Werndl=)felde mit dem Baue der zehn Wohnhäuser be¬ gonnen. Im April veringert die Waffen¬ fabriksaktiengesellschaft bereits ihren Arbeiterstand, welcher zu Anfang des Jahres noch über 2000 betragen hat um zirka 600, indem die dringende Be¬ tellung der österreichischen Regierung von 250.000 Hinterladdern samt Säbel¬ bajonetten bereits schon bis Ende Juni effektuiert sein wird und von weiteren großen Bestellungen vorderhand noch nichts verlautet. Uebrigens kaufen und bauen die Mitglieder der Familie Werndl jetzt sehr viel. Der Chef Josef Werndl baut auf dem „Voglfelde“ neben dem Wehrgraben und den neuen Arbeiter¬ häusern einen großen Fischteich samt Park und hat auch den Crammer¬ schen Gastgarten an der Garstner¬ straße (jetzt Kasino) um 19.500 fl. er¬
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