Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1916

226 dann doch wieder froh, daß der Kleine von neuem anfing zu fragen, denn ihre Gedanken beschäftigten sich ja auch nur mit dem Einen und Einzigen, und es war ihr schließlich ein Trost, mit jemandem, wenn's auch nur ein unwissendes, ahnungsloses Kind war, von dem zu reden, was sie so vollkommen beschäf¬ tigte. Sie war so ruhelos; es war ja so fürchterlich, untätig dasitzen zu müssen, während der Gatte wer weiß wo lag und unsägliche Schmerzen litt. Und dann war sie verzweifelt und war voller Furcht, er könnte vielleicht schon seinen Wunden erlegen sein. Von neuem machte sie sich nach¬ mittags auf den Weg, vielleicht könne man doch schon Näheres erfahren. Aber nein, sie wurde von neuem vertröstet. Kaum aber war sie heimgekehrt, so brachte der Telegraphenbote wiederum ein Telegramm: „Operation glücklich überstanden! Ihr Herr Gemahl bereits auf dem Verwundetentransport in die Heimat!“ Da jubelte ihr Herz in Tränen; sie sollte den Gatten bald wiedersehen. „Operation glücklich überstanden!“ Das mochte wohl heißen, daß man die Kugel hatte entfernen können! Er wird gesund werden! Und daß man den Schwerver¬ wundeten in die Heimat schicken konnte, schien ja auch darauf schließen zu lassen, daß man voller Hoffnung sein könne. Und am Bettchen ihres Kindes, das ür des Vaters baldige Genesung betete, faltete auch sie zum innigen Gebete die Hände. Aber dann begann von neuem die Unruhe am andern Tage. Sie lief hin und her, zu allen möglichen amtlichen Stellen, um zu erforschen, wann der Krankentransport wohl eintreffen könne. Aber wer vermochte da wohl Auskunft zu geben? Das hing davon ab, wann die Bahn frei sei wenn die Truppen¬ transporte an die Grenze aufhören. Auch mußten die Verwundetentransporte mit größter Vorsicht und daher seh langsam vor sich gehen. Frau von Trübings Ungeduld wurd auf eine harte Probe gestellt. Nieman konnte ihr sagen, wann ihr Gatte ein treffen würde; es konnte viele Tag dauern, aber vielleicht konnten die Ver wundeten auch schon bald da sein. La zarette standen ja bereit. Und als sie eines Tages schon an frühen Morgen wieder auf dem Bahn hof war, um nachzuforschen, wann de Verwundetentransport eintreffe, da hie es. ein Transport ist bereits in ver flossener Nacht angekommen, die Ver wundeten seien nach dem Lazarett ir Cecilienkrankenhause befördert. Ob Her von Trübing darunter sei, vermocht niemand zu sagen. Sofort fuhr Frau von Trübing nac dem ihr bezeichneten Lazarett. Erreg nannte sie Namen und Regiment ihre Gatten! Gott sei Dank, er war da! Si wollte sofort zu ihm, eine Schweste hielt sie zurück. Die Kranken seien vor Transport angegriffen. Ein Arzt kam auch der hielt sie zurück, er habe noc nicht die Runde bei den Kranke vollendet. Ob er nicht wisse, wo die Kugel b ihrem Gatten gesteckt habe, fragte Fra von Trübing. Der Doktor zuckte di Achseln, der Krankentransport sei ja do erst wenige Stunden da; ob Frau vo Trübing nicht lieber heimkehren woll es könne vielleicht noch ein paar Stur den dauern, ehe sie zum Gatten vorge lassen werde. Nein, sie ließ sich nicht al weisen. Sie wollte warten, bis sie vor gelassen werde, und wenn es den Ta über dauere. Die Aerzte und Krankenschwester eilten hin und her. Sie fragte de und jenen nach dem Befinden ihre Gatten. Der eine wußte nicht, ein ar derer berief sich auf ein Verbot, Aus kunft zu erteilen. Wo denn der Gat verwundet sei? Die Antworten lautete ebenso. Gräßlich langsam verflossen d Stunden.

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