Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1916

185 8 E 82 2 Die alte Schiffahrt auf der Enns. Von Prof. 6. boldbacher, Stepr. 2 den engsten Beziehungen zur Eisenstadt (Thar oft, wenn ich mit der Bahn Steyr, welche selbst wertvolle Anteile von Steyr aus, ennsaufwärts, an dem berühmten Eisenberge hatte und das liebliche Ennstal durcheilte, suchten von mehreren Deutschen Kaisern mit meine Blicke am rechten Flußufer einen großen Privilegien für den Eisenverkauf teilweise noch erhaltenen, teilweise durch ausgestattet war. die Hochwässer zerstörten, oft auch pflan¬ Vor der Eröffnung der Rudolfsbahn zenumwucherten, versteckten Weg, den spielte sich nun der ganze Verkehr enns¬ einstigen, sogenannten „Treppelweg“, ab= und =aufwärts teils auf der Eisen¬ der meine Gedanken in eine seltsame, straße, teils auf der Enns selbst ab. uns schon ganz fremd gewordene Zeit Vor vielen Jahren wurden von der zurücklenkte. Oder es huschten während k. k. Hauptgewerkschaft Versuche gemacht, der raschen Fahrt enge, bachdurchronnene den Ennsfluß von Hieflau an zur Ver¬ Seitentäler vorüber, in denen man bei frachtung ihrer Erzeugnisse zu verwen¬ einiger Aufmerksamkeit hohe, gemauerte den. Die sehr ungünstige Gestaltung des Schlote, seltsam geformt, aus größten¬ Flußbettes und die Schwierigkeit, am teils zerfallenen, ehemaligen „Hammer¬ Ufer einen Treppelweg anzulegen, lie¬ werken“, „Zerrennhämmern“ und ande¬ ßen dieses Vorhaben bald einschlafen ren, emporstarren sieht, gleich traurigen und man begnügte sich, die Schiffahrt Wegweisern aus einem längst entschwun¬ nach Steyr von Weißenbach=Altenmarkt denen, eigenartigen Kulturabschnitt. an zu betreiben. Bis gegen das Ende Versonnen presse ich das Gesicht an der 1850er Jahre führte die Haupt¬ die Scheiben und in meiner Erinnerung gewerkschaft den Schiffsbetrieb in eige¬ werden Erzählungen lebendig, die meine ner Verwaltung. längst verstorbene Mutter an so man¬ Zu dieser Zeit wurde die Erzgewin¬ chem Feierabend, als ich noch ein Kind nung und der Betrieb sämtlicher ärari¬ war, aus ihrer Jugendzeit, die sich in scher Eisenwerke zwischen Eisenerz und der Umwelt jener Hammerwerkszeit ab¬ Reichraming einer neu gebildeten Ge¬ spielte, zum Besten gab. sellschaft der „Stahlwerksgesellschaft“ Freilich habe ich damals den Wert verpachtet und diese übernahm daher den dieser Worte nicht verstehen und erfas¬ Schiffahrtsbetrieb, allerdings aber mit sen können, aber jetzt, nach so vielen hauptgewerkschaftlichen Zillen und der Jahren, bin ich wieder auf diese alte Schiffsmannschaft. Im Jahre 1863 ging Schiffahrt gekommen, bin auf dem alten diese Pachtung zu Ende und die k. k. „Treppelwege“ gewandert, am Flosse Hauptgewerkschaft betrieb wieder die die Enns abwärts gefahren, und will Schiffahrt wie früher, bis zum Ver¬ nun versuchen, ein wenig den Schleier kaufe der k. k. Hauptgewerkschaft im von jenen alten Bildern zu heben.“ Jahre 1868 an die „Aktiengesellschaft Der steirische Erzberg, früher „Inner¬ der Innerberger Hauptgewerkschaft“. berg“ genannt, stand seit alter Zeit in Diese führte die Schiffahrt durch einen Frächter und Schiffmeister, namens An¬ *) Für wertvolle, einschlägige Mitteilungen bin ich zu Dank verpflichtet den Herren: Notar Friedrich Schmeidl ton Aigner, Besitzer des Hausbauern¬ in Werer, Franz Steinleitner, Historienmaler Stern und Familie Wolfartsberger in Sterr. gutes in Kleinreifling. Dieser, ein ver¬

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