Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1916

170 kens das silberne Ehrenabzeichen der Ge¬ sellschaft verliehen. Mit demselben langte olgendes ehrenvolle Schreiben ein: „Wien, am 19. Juli 1915. Euer Hoch¬ wohlgeboren! In dankbarer Anerkennung der hingebungsvollen Unterstützung, wel¬ che Sie der von der k. k. Gesellschaft eingeleiteten Kriegs=Hilfsaktion „Gold gab ich für Eisen“ und der Gesellschaft selbst zuteil werden ließen, hat der Vor¬ tand einstimmig beschlossen, Ihnen das Ehrenabzeichen der Gesellschaft in Silber zu widmen. Das Präsidium gibt sich hie¬ mit die Ehre, in Durchführung dieses Beschlusses das Ehrenabzeichen in der Anlage zu überreichen und bittet Sie es als dauernde Erinnerung an diese denkwürdige Zeit und den großen Zweck, dem wir alle dienen konnten, zu bewah¬ ren. Mit dem Ausdrucke unserer beson¬ deren Hochachtung für die k. k. Gesell¬ schaft vom Oesterr. Silbernen Kreuze zur Fürsorge für heimkehrende Reser¬ visten, Wien, 1., Bäckerstraße 8: Der Vizepräsident Dr. Koczynski (und an¬ dere Unterschriften)“ Nach elfmonatlichen Kämpfen am nördlichen Kriegsschauplatz hat, wie nun bekannt wurde, der Bruder Karl des Meisters in der Oesterr. Waffenfabrik in Steyr, St. Sowatsch, in Russisch¬ Polen den Heldentod gefunden. Im Krankenhause in Steyr starb am elben Tage der Armenpfründner Josef Grazer im Alter von 74 Jahren. 2. An diesem Tage feierte Anton Wöß, Schriftsetzer und Stereotypeur der Firma Emil Haas & Co. in Steyr, den Jahrestag seines vor 40 Jahren erfolgten Eintrittes in dieses Geschäft, und zugleich das Jubiläum seiner un¬ unterbrochenen Tätigkeit in demselben. Eine schlichte, aber würdige Ehrung wurde dem Jubilanten seitens der Ge¬ schäftsleitung der Firma bereitet. Mit Bänder und Abzeichen in den Farben Guttenbergssowie auf das Jubiläum bezughabende Sprüche geschmackvoll ein¬ gefügt waren, umrahmt, thronte Meister Guttenberg über dem Arbeitsplatz des Jubilanten; verschiedene gustiöse Prä¬ sente und zum ständigen Gebrauchge¬ hörende Utensilien waren in bunt ge¬ wählter Form auf dem alten, wurm¬ — tichigen Korrigierstuhl vereint. Herzliche Glückwünsche entbot sowohl Geschäfts¬ leitung als Personal dem überraschten, freudig gerührten Jubilanten bei seinem Eintritt. Seitens der Firma wurde dem¬ elben nebst ehrenden schriftlichen und persönlichen Glückwünschen ein namhafter Geldbetrag überreicht. Eine photogra¬ phische Aufnahme des Jubilanten mit einem festlich geschmückten Arbeitsplatz wird die Erinnerung an diesen seltenen Ehrentag für spätere Zeiten festhalten. Aber auch außerhalb seines engeren Wirkungskreises, von seinem großen Freundes= und Bekanntenkreise, wurde Wöß zu seinem seltenen Jubiläum be¬ glückwünscht und geehrt. Unter anderem wurde ihm bei der Wochenversammlung der Sektion Steyr des D. u. Oe. Alpen¬ vereines, dem Wöß 32 Jahre angehört, eine würdige Ehrung zuteil und ein wertvolles Andenken überreicht. In kurzen Zügen sei im folgenden ein kleines Bild über das Werden, Wirken und Leben des Jubilanten seinen vielen Freunden und unseren Lesern wiederge¬ geben. In Kremsmünster als Sohn des Glasermeisters Ant. Wöß geboren, schlu¬ gen ihn des Schicksals Wogen durch den frühen Tod seiner Eltern schon in seinen Kinderjahren aus seinem Heimatsort in die fremde Welt, zu fremden, wennauch verwandten Leuten, in fremde Orte, ja sogar bis in die hohen Berge Kärntens, die dazumal einen geradezu gespenster¬ haften Eindruck auf ihn ausübten. End¬ lich unter die schützenden Fittiche eines Onkels, des damaligen Polizeikommissärs Wansner gelangt, wuchs er bei strenger aber fürsorglicher Erziehung mit dessen Kindern auf. Nach Beendigung seiner Schulzeit kam er dann im Jahre 1875 in die schon seit altersher wegen ihren Leistungen bekannte Buch= und Stein¬ druckerei Emil Haas und Komp. in die Lehre. Neben dem Zusammensetzen der einzelnen Buchstaben etc. zu einem för¬ migen Ganzen lernte er dort auch das Vervielfältigen des Satzes, durch Gießen in Platten von in erst weicher, dann getrockneter Masse des geprägten Bil¬ des des Satzes, das Stereotypieren. Für dieses Fach ein besonderes Talent zei¬ gend, war er zur Zeit, als die Direktion der Rudolfsbahn in Steyr ihren Sitz hatte und ihre Druckaufträge bei Haas herstellen ließ, ausschließlich dabei be¬ chäftigt. Bei vielen Ausstellungen waren seine Arbeiten ausgestellt und wurden mit Preisen ausgezeichnet. — Frei ge¬ worden, hat er sich bald der damals noch schwachen Vereinigung der Berg¬ teiger angeschlossen und sich bei vielen Hochturen nebst eifrigem Turnen seinen Körper gestählt und so bei solidem Le¬ benswandel seine Gesundheit, eine fast jugendliche Haltung und Kraft bis zum heutigen Tag bewahrt. Als Mitglied der Feuerwehr ist er Löschmeister=Stellver¬ treter und trat schon vor Jahren in die Reihe der Jubilanten derselben.

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