Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1916

Zeit in die Heimat zu gelangen und heißt es nun eben ausharren bis ans Ende. Ueber die Kriegslage wissen wir hier gar nichts, da wir keine Zeitung erhalten. Ab und zu, wenn einer der Soldaten eine solche in der Hand hat, die kann man eine Ueberschrift lesen, natürlich nur Siege für Frankreich mel¬ den. Trotzdem habe ich aber ein felsen¬ festes Vertrauen in die deutsche Kraft und hoffe, daß wir trotz der zahl¬ reichen Feinde als Sieger hervorgehen werden.“ Auf diesen Brief hin, der die schreckliche Lage der armen internierten Landsleute in herzergreifender Weise kennzeichnet, leitete Dr. Spängler sofort eine umfassende Hilfsaktion für die auf Korsika internierten bedürftigen Lands¬ leute ein und erreichte, daß nicht nur von verschiedenen Seiten in Steyr selbst, sondern aus Wien und der Schweiz, owie von der Sammelstelle für In¬ ternierte in München reichliche Spen¬ den an Kleidern und Eßwaren einflossen und zu dem gedachten Zwecke nach Kor¬ sika gesendet werden konnten. Hoffent¬ lich haben unsere armen, von der „Crande Nation“ so barbarisch mi߬ handelten internierten Landsleute die ihnen zugedachten Liebesgaben in voller Menge auch erhalten. Der Brief eines wackeren Elsässers, der ebenfalls Dr. Spängler zugekommen, läßt dies leider zweifelhaft erscheinen. Aus dem Schrei¬ ben jenes Elsässers, der mit Hermann Spängler jun. in der französischen Ge¬ fangenschaft auf Korsika weilte und wegen seines Alters von 62 Jahren schließlich ausgeliefert wurde, ist nämlich zu entnehmen, daß die Franzosen von allem Gelde, das den Internierten aus Pro¬ der Heimat zugesendet wird, 75 zent zurückbehalten, so daß die Inter¬ nierten davon nur 25 Prozent erhal¬ Ein rührendes Zeugnis edel¬ ten (!). ster Gesinnung stellt dieser brave, alte Elsässer dem Sohne des Herrn Dr. Spängler aus, indem er über diesen schreibt: „Ihr Sohn ist munter und ist fleißig an den Büchern. Er hat ein edles Herz und tut viel Gutes für die der liebe Gott wirde Armen dort — Die letzten ihm reichlich lohnen.... Karten, die Hermann Spängler an seine Eltern schrieb, lauteten recht beruhigend. Auf einer derselben teilte er noch mit daß er am Ostersonntag mit internier¬ ten Sängern Schubert= und Beethoven¬ chöre zur Aufführung gebracht habe Stumm schläft nun der Sänger, stille leicht, Wann über ihn der Sturm und In einem Briefe Zephyr streicht ...“ — eines Dr. Georg Kückenthal an Dr. 145 den Spängler heißt es: „Wir haben und gutherzigen, klugen fröhlichen, geistig hochstrebenden jungen Kameraden alle lieb gewonnen, besonders habe ich mich persönlich zu seiner sympathischen Persönlichkeit sehr hingezogen gefühlt, und hat uns ein Band gegenseitiger Zu¬ neigung verbunden. Wie hat er sich auf die Heimreise und auf das baldige Wie¬ dersehen mit seinen geliebten Eltern ge¬ ge¬ freut! Nun ist es so ganz anders kommen. Aber ich kann Ihnen wenig¬ er tens die Versicherung geben, daß in den drei Wochen seiner Krankheit Aufbahrung der Offiziere Leutnant Haller, Haupt¬ mann Biebel, Teutnant Lackner in der Torettokapelle. Die Genannten kämpften im Feldjägerbataillon Kopal Nr. 10 und fanden in treuer Pflichterfüllung am nördlichen Kriegsschauplatz den Beldentod. Sie wurden nach Steyr überführt und am Friedhof in der Heldengruft bestattet kaum Schmerzen gelitten hat. Als ich ihn am Vorabende noch einmal besuchte, war er mit seiner Seele auf hoher See heimwärts. Gestern ist er von uns allen auf den Klosterfriedhof geleitet worden, einem stillen, friedlichen Ruheplatz neben der Kirche, der katholische Pfarrer von Corbara hat ihn eingesegnet, und ich durfte ihm einige Worte der Freund¬ schaft nachrufen. Er wird uns allen in ehrenvollem Gedenken bleiben. Für Sie aber bitte ich den gütigen Gott, daß 10

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