Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1916

Grete Auer als allerliebster Weih¬ nachtsengel die Beteilten besonders er¬ freute. Von denselben sprach sodann ein Mann in herzlichen Worten den wärm¬ sten Dank aus echtem Soldatenherzen für die so reiche Christbescherung aus, bei welcher es auch nicht an festtäglichen Genüssen, besseres Essen und Bier, man¬ gelte. Die Feier verlief in der herzlich¬ ten und fröhlichsten Weise. Zum Schlusse wurde den Verwundeten zum gespende¬ ten Backwerk und Gugelhupf noch Tee gereicht. Auch im Verwundetenheim Sr. Ho¬ heit Prinz Ludwig von Sachsen=Coburg und Gotha im Schlosse Voglsang in Steyr gab es um 4 Uhr nachmittags eine schöne Christbaumfeier, wobei die 10 daselbst in Pflege befindlichen Ver¬ wundeten von Ihren Hoheiten Prinz und Prinzessin von Sachsen=Coburg und Gotha mit warmen gestrickten Westen und anderen nützlichen Sachen, Bäcker¬ eien und dergleichen persönlich reich be¬ chenkt wurden. Bei dem lichterstrahlen¬ den, hübsch geschmückten Christbaum und einem guten Festessen unterhieltensich die Verwundeten in der fröhlichsten Stimmung, nachdem sie Ihren Hohei¬ ten hochbeglückt den innigsten Dank aus¬ gesprochen hatten. Im Kasino in Steyr waren als Aus¬ schußdamen die Frauen Kreisgerichts¬ präsident von Pittner, Regierungs¬ rat Pavlicka, Oberingenieur Meh¬ ling, Bürgerschullehrerin Stötzer, Marianne Scholz und Relly v. Pitt¬ ner mit Liebe und Lust an der Arbeit, den daselbst Genesung suchenden Kriegern eine Freude und einen kleinen Ersatz dafür zu bieten, daß sie ferne von ihren Lieben dieses schönste Fest des Jahres verbringen mußten. Im Lichtschein des herrlich geschmückten Christbaumes ver¬ sammelten sich Geber und Empfänger. Als Gäste hatten sich, von Hochw. Feld¬ kurat Prokosch und Spitalskomman¬ danten Leutnant Böhm liebenswürdig begrüßt, eingefunden Hochw. Kanonikus Stadtpfarrer Strobl, Dr. Anger¬ mann, von König, Honsak, Spi¬ talsarzt Dr. Beer und Gemahlin und viele andere. Die Feier wurde durch das von den Damen des „Kränzchens“ unter Leitung und Harmoniumbegleitung des Musikdirektors Franz Bayer er¬ greifend vorgetragene Kriegslied „Ave Maria“ von R. Weinwurm eingeleitet worauf Hochw. Feldkurat Prokosch in warmen, zu Herzen gehenden Worten auf die Bedeutung des Weihnachts¬ festes hinwies. Redner sprach allen Da¬ men, die zur Verschönerung dieser herr¬ 109 lichen Feier mitgewirkt haben, namens der Verwundeten den innigsten Dank aus und ließ seine Rede in ein begei¬ stertes dreimaliges Hoch auf unseren ge¬ liebten Kaiser ausklingen, welches von den Anwesenden jubelnd erwidert wurde, worauf die Volkshymne gesungen wurde. Was in dieser Minute in aller Herzen erbebte, brachte das von der Lyzeistin Anna Weiß vorzüglich zum Vortrage gebrachte herzbewegende Festgedicht gar treffend zum Ausdrucke. Hierauf sangen polnische Soldaten ein schwermütiges, heimatliches Weihnachtslied. Den Ab¬ chluß der Feier bildete die Ueberrei¬ chung der zahlreichen Weihnachtsliebes¬ gaben an die Verwundeten und deren Pfleger durch die Damen des Komitees. In der Kopaljägerkaserne in Steyr wurde die Christbaumfeier um drei Uhr nachmittags begonnen. Aller Augen rich¬ teten sich auf den im hellen Lichterglanze erstrahlenden, schön geschmückten Weih¬ nachtsbaum, unter welchem Zöglinge der Schutzanstalt Aufstellung genommen hat¬ ten, welche die Feier mit dem inni¬ □ gen Vortrage des altehrwürdigen Weih¬ nachtsliedes „Stille Nacht, heilige Nacht“ eröffneten, und damit liebe Erinner¬ ungen in den Herzen aller Teilnehmer erweckten. Die durch die Klänge des Liedes eingetretene weihevolle Stimmung wurde noch gehoben durch eine allen zu Herzen gehende tiefempfundene An¬ sprache des Hochw. Vorstadtpfarrers Alois Schließleder. In hinreißender Rede gedachte der Vorstadtpfarrer auch des obersten Kriegsherrn. Gar manchen Kriegers Augen wurden feucht, als dann in dieser schönen Stunde die weihevollen Klänge des „Gott erhalte“ von den jugendlichen Kinderstimmen und denen der Krieger um den Weihnachtsbaum erschollen. Vorstadtpfarrer Schließleder war auch so liebenswürdig, den Gesang am Harmonium meistervoll zu begleiten. Die Lyzeistin Luzie Harant trug nun das Festgedicht meisterhaft vor und ern¬ tete hiefür allseitige 425 Anerkennung. Schließlich dankte noch Chefarzt Dr. Wenger den Damen im Namen der in den Spitälern untergebrachten Ver¬ wundeten für die zum Weihnachtsfeste in reichem Maße gewidmeten Spenden, worauf die Damen die Verteilung der teils eingelangten, teils von den Geld¬ spenden eingekauften Weihnachtsgaben vornahmen. Die Feier beehrten durch ihre Anwesenheit die Hoheiten Prinz und Prinzessin Ludwig von Sachsen=Co¬ burg und Gotha, Bürgermeister Gschai¬ der, Dr. Spängler, die Reservespitals¬ Kommandanten Dr. Wenger und Ritt¬

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