Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1916

auf Strand und Sand am Zoppoter Gestade, als Medizinalrat Roether nebst Gattin ihre 220 bezw. 180 Pfund Bruttogewicht über die Strandprome¬ nade hinschleppten. — Eduard „Pff — pff — weißt Du pff.“ meinte Frau Hermine Roether, schnaufend und hochrot von der An¬ strengung, „ich glaube — pff — wir be¬ kommen noch Regen ... Die Sonne sticht ganz schauderhaft — pff —“ und sie trocknete die feuchten Perlen von ihrer Stirn. „Wo denkst du hin, Hermine,“ meinte Herr Eduard mit der Miene eines ausgemachten Wetterpropheten, „heute — ach“ — er blieb pustend und Regen stehen „die Hitze soll der Satan holen!“ „Eduard,“ — Frau Hermine war ob des sonst ungewöhnlichen Wider¬ spruches ihres Gatten ein wenig pi¬ — pff, ich sage dir, kiert „Eduard du — pff — pff — irrst dich.“ Sie ließ ihre Blicke suchend den Horizont ent¬ lang wandern und entdeckte endlich in der Richtung auf Seebad Heubude nord¬ westlich einige schwarzgraue Wolken¬ — pff — da steigen pitzen. „Sieh nur pff chon Ge—Gewitterwolken auf pff — ach, du liebe Güte, — die — pff.“ Hitze Wenn Frau Hermine „ach, du liebe Güte,“ sagte, wußte Herr Eduard, daß bedenkliche Gemütsbarometer ihr Schwankungen aufwies, und so zog er es vor, nicht mehr einzureden, sondern setzte seinen Weg fort, gefolgt von sei¬ ner Gemahlin, die ihre Gewitter=Phi¬ losophie zeitweilig durch Kunstpausen un¬ terbrach, in denen sie Stirn, Wangen und Hände trocknete. So war man allmählich ein gutes Stück Weges weiter gekommen, ohne Frau 33 wieder vom Wetter zu reden. Hermine war schließlich wortlos neben dem gleichfalls wortkargen Gatten ein¬ hergeschritten, als sie plötzlich stehen blieb. 73 „Eduard, hast Du heute den Re¬ ferendar nicht gesehen? „Nein, liebe Hermine. Er wird ge¬ wiß noch schlafen und die übliche Mor¬ genpromenade versäumt haben. — sonderbar.“ Sehr lange „Hm, Pause über eine Distanz von dreißig Schritten. „Uebrigens ein sehr netter Mensch, der Referendar. Findest Du nicht auch, Eduard?“ finde ich „Gewiß, liebe Hermine auch. Ihr Frauen findet ja jeden Mann nett, der Euch ein bißchen verwöhnt.“ „O, bitte, Herr Stahl ist ein Ka¬ valier vom Scheitel bis zur Sohle. Er — sehr.“ gefällt mir sehr „Na, dann ist's ja gut. Ich habe nichts dagegen,“ meinte Herr Eduard etwas ungeduldig. Wieder eine Pause. „Hast du denn gar nichts bemerkt, Eduard?“ fragte Frau Hermine weiter. „Ich? — Nee ... was denn?“ „Natürlich, — ihr Männer seid schon wenn wir die reinen Traumsusen: .“ Frauen nicht wären „Gewiß, gewiß, liebe Hermine, wenn Ihr Frauen nicht wäret ** * wie gemütlich könnten wir Männer dann manchmal leben, wollte er fortsetzen, aber er tat's nicht. „Daß dir das noch gar nicht auf¬ gefallen ist, Eduard, begreife ich gar nicht.“ „Ja, was denn nur?“ „Na, daß Herr Stahl in unsere Paula total verschossen ist.“ Gsieh 'mal an. Woher „Ach, weißt du denn das? Hat er dir denn das gesagt?“ — Er bevorzugt sie doch „Gesagt! mehr als auffallend.“ „Na, das ist was Rechtes. Wenn ein junger Mann heute 'mal 'n bi߬ chen höflich und zuvorkommend ist, drehen ihm die geehrten Mütter gleich die „ernstesten Absichten“ an.“ „Eduard ...!“ Frau Hermine rich¬ tete sich zu drohender Haltung empor,

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