darauf berufen, daß ihr ein Adeliger seid? Solchen Adel — solchen Ketzer¬ adel, erkennen wir nicht an.“ „Ich berufe mich auch nicht auf mei¬ nen Adel,“ entgegnete Blüburg. „Zu was sollte mir wohl das? Ich bin Waldenser — ich sagte es ja, aber über Leben und Tod richtet nicht die ses Gericht. „Sondern — sondern?“ frug Tho¬ mas von Lueger, gereizt durch diesen Widerspruch und die Zornesader schwoll aufseiner Stirne. Wilhelm von Blüburg richtete sich stolz auf. „Ich bin Bürger der landesfürst¬ lichen Stadt Steyr,“ sagte er stolz, „und es ist nicht Sitte, über Leben und Tod der Bürger einen Unter¬ suchungsrichter entscheiden zu lassen, der überdies nicht einmal der Stadt an¬ gehört. Ihr, Thomas der Lueger ihr seid Stadtrichter, auch euch steht kein Recht zu. Wir verlangen vor den Waldboten“) geführt zu werden er ist unser Richter!“ Einen Augenblick herrschte tiefe Stille im Gemache — die Anwesenden erkann¬ ten den Ernst dieser Worte. Dann erhob sich unter den Zeisitzern ein Gemurmel — sie mochten für und wider diese Forderung Partei nehmen. Der Cölestinermönch saß still auf sei¬ nem Lehnstuhl, augenscheinlich hörte er die Meinungen seiner Gerichtsbeisitzer an. Als diese aber zu keinem Ende kommen konnten, machte er eine unge¬ duldige Bewegung mit der Hand klappte er heftig ein dickleibiges Buch zu, das vor ihm auf dem Tische lag, erhob sich und sagte unter plötzlich ein¬ getretener Stille: „Stiller, ihr Herren was soll das Gezänk? Ist ein Ketzer wert, daß die Angesehensten des Landes sich sei¬ netwegen verunreinigen? An den Waldboten haben sie berufen — an ihn weise ich sie, kraft der mir von *) Der Waldbote war der vom Herzog über einen bestimmten Bezirk ernannte Blut= und Bannrichter, der Todesurteile fällen durfte — meist ein Adeliger. 65 unserem gnädigsten Herrn und Herzog verliehenen Macht! Herr Thomas der Lueger, waltet eures Amtes als Stadt¬ richter und ruft den Waldboten her¬ bei! Blut und Bann ist sein Amt mit Blut und Bann wird er sie richten! Wir sind unschuldig an dem Blute die¬ ser Verstockten! Gott sei ihnen gnä¬ dig!“ Ein Wink und die Angeklagten wurden abgeführt. Der Pater klappte die Bücher, die vor ihm lagen, zu, übergab sie dem vorgenannten Schöffen und sagte ernst: „Schöffe, — unser Amt ist zu Ende. Diese Akten empfängt der edle Herr Ludwig der Neudlinger — er richte nach Recht und Gesetz!“ XI. Herr Thomas der Lueger hatte seines Amtes gewaltet. Friedrich der Pogner, dem der Burggraf in Steyr des Herzogs Albrecht Meinung, die der Adelige schon so unzweideutig vom Ketzerrichter vernommen, abermals klar getan, hatte klein beigegeben und sich sogar herabgelassen, als Bote zu dem Waltboten Herrn Ludwig dem Neudlin¬ ger nach Volkerstorf sich zu begeben, ihm die peinliche Sache vorzutragen und die Berufung der Waldenser sowie den Be¬ scheid des Pater Petrus zu vermelden. Herr Ludwig der Neudlinger war ein gestrenger Herr, ganz im Geiste seiner Zeit erzogen und darnach handelnd, und seine Stirne zog sich in gar krause Fal¬ ten, als er diese Botschaft vernahm, die der Pogner noch mit einigen Hieben sowohl auf die Waldenser, als auf den Ketzerrichter würzte. „Die Toren,“ sagte der Blut= und Bannrichter nach einer Pause, ohne des Pogners Geschwätz viel zu beachten. „Warum berufen sie sich auf mich? Blut und Bann, es ist eine böse Sache und die Kirche hat so unrecht nicht. Leider sind es keine Landstreicher, die da vor unserem Stuhl treten, es sind die Besten der Bürgerschaft. Nun, wie sie wollen!“ 5
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