60 Etwa einen Schritt von der weit¬ geöffneten Türe, aber schon im Gast¬ zimmer, stand Herr Peter Vogelmayer, zorngeröteten Antlitzes und entrüstet den erschrockenen Adelwanger messend, hinter der mächtigen Gestalt des Wirtes be¬ merkte man im Nahmen der Tür den Stadtplatzkrämer und dessen Frau und im Hintergrunde Frau Elsbeth, Herrn Vogelmayers aufopfernde Ehehälfte. Die drei waren jedenfalls Zeugen des Auftrittes zwischen Katharina und dem Adelwanger gewesen, oder hatten doch den wichtigsten Teil desselben an¬ gehört. Es sei hier in Kürze erklärt, wie es kam, daß diese drei Personen zu dem bedeutsamen Gespräche kamen und — für Katharina ferneres Schick¬ handelnd und entscheidend ein¬ sal — greifen konnten. Am Nachmittage dieses Tages hatte es zwischen Oswald und seinem Vater wieder einen unliebsamen Auftritt ge¬ geben, denn trotz der ihm abgerungenen Einwilligung hatte der Krämer bis nun doch gezaudert, weitere Schritte für sei¬ nen Sohn zu tun. Er war, wie schon erwähnt, Ka¬ tharina selbst nicht abgeneigt, allein seine Bedenken gegen die religiösen An¬ sichten ihrer Eltern und die im ge heimen immer weitere Fortschritte machende Untersuchung gegen die Wal¬ denser konnte er nicht überwinden. Wohl hatte er maßgebenden Ortes auf den Strauch geklopft, wie man zu sagen pflegt, und dabei ersehen daß der Verdacht, Waldenser zu sein, sich noch nicht auf bestimmte Personen gelenkt hatte, d. h. man wußte in der Umgebung des Ketzerrichters genau, daß es Waldenser in Steyr selbst gebe und in welchen Kreisen sie zu finden wä¬ ren, aber eine bestimmte Anklage ge¬ gen bestimmte Personen konnte noch nicht erhoben werden — wir wissen, daß der dem Hauptspürer, der Adelwanger, Ketzerrichter noch nicht die Namen der weil Stadt Steyrer Waldenser verraten, er die Sachlage erst für sich ausbeuten zu können hoffte. Einer Ehe Oswalds mit Katharina stand also nach außen hin nichts im Wege, doch hoffte der Krämer, daß sein Sohn noch anderen Sinnes werden könne. Allein die Liebe ist ein eigen Ding, das sich nicht meistern läßt. Oswald war aber auch gar nicht gesonnen, die ses eigene Ding zu meistern, denn nur ein Mensch ohne Herz und Gemüt macht selbst aus Liebe und Ehe ein Geschäft. Unterstützt von der ihren Sohn auf¬ opfernd liebenden Mutter war Oswald diesen Nachmittag wieder gegen seinen Vater bezüglich der Heirat bittend und fordernd aufgetreten; das Ende war, daß der Krämer, wenn auch schweren Herzens, sich entschloß, diesen Abend Herrn Peter Vogelmayer aufzusuchen und mit ihm Rücksprache zu pflegen. Seine Gattin beschloß, ihn zu be¬ gleiten. Da das Ehepaar den Eingang in den Hof zum Betreten des Vo¬ gelmayerschen Anwesens benützt hatte, ahnten weder Katharina, noch ihr zu dringlicher Brautwerber die Anwesen¬ heit der Eltern Oswalds und noch we¬ niger konnten sie denken, daß in dem anstoßenden Wohnzimmer soeben über Wohl und Wehe zweier Menschenkin¬ der entschieden wurde. Die Elternpaare hatten sich so recht von Herzen ausgesprochen — Herr Pe¬ ter hatte aus seinem und seiner Frau Religionsbekenntnisse kein Hehl gemacht und zugegeben, daß Katharina viel¬ leicht ahnen könne, aber entschieden be¬ hauptet, seine Tochter sei eine gute Katholikin und er habe nie die Absicht gehabt, dieselbe zur Waldenserin zu machen. Im Gegenteil vermeide er ihrethalben alles, was sie auf den Ge¬ danken bringen könne, er und seine Frau gehörten den Sektierern an. Auch Peter Vogelmayer hatte ge¬ gen eine Ehe seiner Tochter mit Os¬ wald große Bedenken, denn er sagte es ruhig heraus, daß er den Sturm kenne, der über die Waldenser los¬
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