Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1916

erspare mir daher viel Worte. Na, kurzum, ich weiß um die ganze Wal¬ denserei und weiß auch, was ich zu tun habe.“ „Ihr werdet nicht unehrlich han¬ deln und den Verräter spielen wollen,“ fuhr das Mädchen mit blitzenden Augen ihn an. „Ob die Handlung, die ich begehen will, von euch ehrlich oder unehrlich genannt wird, ist mir ziemlich einer¬ lei,“ sagte rauh der Adelwanger. „Aber ich weiß sehr genau, daß es nur ein Mittel gibt, Herrn Peter Vogelmayer selbst zu retten. Merkt wohl auf, Jung¬ fer Katharina, was ich jetzt sage: Die anderen Waldenser vermag ich nicht mehr zu retten — euern Vater aber wohl Seinen Namen aber werde ich nicht nennen „Gott sei Dank!“ murmelte erleich¬ tert das Mädchen. „Gemach, Jungfer,“ fuhr der Adel¬ wanger spöttisch fort. „Ich werde seinen Namen nur unter einer Bedingung nicht nennen.“ „Unter einer?“ frug ahnungsvoll das Mädchen. „Und die wäre?“ Der Adelwanger sah sie verzeh¬ rend an. „Ihr kennt sie, sagte er rauh. „Eure Hand, die ihr mir am Altare reicht, läßt mich auf immer vergessen, daß Herr Peter Vogelmayer ein Wal¬ denser ist — euer „Ja“ vernichtet die Beweise seiner Schuld.“ Katharina verbarg das Gesicht in den Händen und schluchzte laut. Das mußte auch noch kommen, daß dieser Elende das Schicksal ihrer Eltern von ihr ab¬ hängig machte. Mit dem Mute, den die Verzweiflung gibt, sprang sie plötz¬ lich auf und stellte sich vor ihren Pei¬ niger hin. „Das wirst du nicht, nein, das wirst du nicht, du Elender,“ stieß sie in höchster Erregung hervor. „So nieder¬ trächtig kannst du nicht handeln und um deiner Rache willen uns alle un¬ glücklich machen. Nicht wahr,“ setzte 59 sie weich und mit bittend gefalteten Händen hinzu, „nicht wahr, das ist nicht euer Ernst? Das war nur eine 77 Drohung? Und sie versuchte es, diesen elen¬ den Menschen unter Tränen freundlich anzulächeln, um ihn nachgiebiger zu stimmen. Allein Adelwanger war kein Mann, der weiche Regungen hatte. Finster und mürrisch hatte auch er sich erhoben und sagte jetzt trocken: „Was ich gesagt, war eine Drohung, da habt ihr recht, Jungfer, denn es war mein voller Ernst. Sagt ihr auf meine Werbung nicht in dieser Minute „Ja,“ so ist's in der nächsten schon zu spät, denn ich eile von hier in ge¬ rader Richtung zum Ketzerrichter. Be¬ eilt euch daher mit eurer Entscheidung.“ Was Katharina auf diese hästig und drohend herausgestoßenen Worte er¬ widert haben würde und ob er ihr das Jawort nicht dennoch abgerungen wer vermag das zu sagen? Aber der Adelwanger hatte kaum das letzte Wort gesprochen, als er auch schon die Antwort erhielt, denn eine vor verhaltenem Zorn und innerer Auf¬ regung bebende männliche Stimme sagte plötzlich: „Eilt immerhin zum Ketzerrichter und verratet, was ihr wißt, wir sind dagegen .— aber mein Käthchen kann gewarnt nie und nimmer einen solchen Elenden heiraten, wie ihr seid!“ IX. Beim Ertönen dieser Stimme trat plötzlich Ruhe in der Gaststube ein und sowohl Katharina, als auch der Adel¬ wanger wendeten sich nach der Richtung, von der sie kam, das war nach jener Tür, die von der Gaststube aus Vo¬ 8 unmittelbar in ein Wohngemach näch¬ gelmayers führte, das, als am sten zum Geschäftslokale gelegen, für gewöhnlich zum Aufenthalt jener Fa¬ milienmitglieder diente, die nicht ge¬ rade beim Geschäft tätig waren.

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