da Rat schaffen in dieser Lage? Wohl sagte ihr oft eine innere Stimme, sie dürfe und könne Oswalds Frau werden, ohne gegen ihre Kindespflicht zu han¬ deln, diese fordere kein solches Opfer. und dennoch — sie kam zu keinem festen Entschlusse. Unter solchen Umständen war es be¬ greiflich, wenn ihr die fröhliche Laune so ziemlich abhanden gekommen war und die Gäste in der Wirtsstube sie oft neu¬ gierig ansahen und ihre Betrachtungen über ihr jetzt stilles Wesen machten. Sie merkte das nicht, ihr schwirr¬ ten andere Dinge durch den Kopf, als die Gäste zu beobachten. Der Adelwanger kam jetzt auch wie¬ der als Gast, nachdem er einige Zeit ausgeblieben. Er war auffallend freund¬ lich gegen Katharina, die ihn jetzt bei¬ nahe noch frostiger behandelte, als früher. Allein das schreckte den Adel¬ wanger nicht, er baute felsenfest auf das, was er von Herrn Peter Vogel¬ mayer wußte; der in die Enge getrie¬ bene Waldenser würde, mußte seine Partei ergreifen. Es war ein recht unfreundlicher, reg¬ nerischer Tag gewesen, dem ein kalter Abend folgte. Im „Ochsen“ saß nur ein Gast und zechte — der Adelwanger. Katharina saß einige Tische von ihm entfernt und nähte. Ihre Gedanken wa¬ Fa¬ ren wieder bei den unglücklichen da¬ milienverhältnissen, sie achtete her nicht, daß der Adelwanger, der sie die längste Zeit mit glühenden Blicken betrachtet hatte, sich erhob und sich an ihren Tisch setzte. Erst als er seine Hand auf ihren Arm legte, fuhr sie auf und seine Hand entfernend, frug sie barsch: „Was wollt ihr von mir? Wer gibt euch das Recht zu solchen Vertraulich¬ 77 keiten: „Nur nicht zimperlich, Jungfer,“ ent¬ gegnete der Adelwanger ruhig. „Bin nicht der erste, der seine Hand auf euern Arm legt, womit ich übrigens nichts gesagt haben will. Geschah auch meiner¬ 57 seits in allen Ehren — wollte euch nur aus euern Gedanken rütteln, scheint mir ja ganz weltverloren zu sein, und ich habe von sehr weltlichen Dingen mit euch zu sprechen.“ „Ei,“ meinte Katharina schnippisch, „das wäre! Seht doch! Ich wüßte wirklich nicht, was wir zwei wohl son¬ derliches zu verhandeln hätten!“ „Aber ich weiß das sehr genau, Jungfer,“ sagte Adelwanger und seine Stirne begann sich leicht zu falten bei ihm immer ein Zeichen, daß er schlechter Laune wurde. „Sorgt übri¬ gens nicht, daß ich euch lange aufhal¬ ten werde; ich will nur den Augenblick des Alleinseins mit euch benützen und von meinen Absichten mit euch reden.“ „Was versteht ihr doch wohl unter Absichten?“ fragte Katharina, die sich seiner zudringlichen Liebeswerbungen er¬ innerte, halb entrüstet, halb belustigt. „Solltet ihr gewisse Absichten auf mich haben, so schlägt sie euch aus dem Kopf — zum mindesten seid ihr zu spät erschienen.“ „So glaubt ihr, Jungfer Katha¬ rina, entgegnete der Adelwanger mit drohendem Blick. „Ich weiß, die Ge¬ schichte mit Oswald, dem Krämers¬ sohn! Ist eben Jugendtorheit, die ich übersehe. Schlagt den Springinsfeld euch aus dem Kopf; Jungfer Katharina, ich biete euch heute zum letztenmale meine Hand, mein Hab und Gut.“ ob Katharina war rot geworden vor mädchenhafter Scheu oder Zorn, wer konnte es sagen? Sie wollte rasch etwas erwidern, allein Adelwanger hin¬ derte sie daran, indem er weitersprach, aufgeregt, mit fast zitternder Stimme: „Wartet mit der Antwort, noch habe ich nicht ausgesprochen. Ihr könn¬ tet gegen meinen Antrag einwen¬ nicht lieb¬ den, daß ihr mich tet — das verlange ich vorderhand auch nicht, das wird sich geben. Auch bin ich gerade nicht der Jüngste und Schönste, dafür bin ich auch nicht arm und werde euch auf den Händen tragen.
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