daß es noch ganz andere Dinge zu er¬ örtern gibt bei deiner Heirat. Oder bildest du dir ein, daß ich nichts von gewissen Gerüchten wisse, die über Herrn Peter im Umlauf sind?“ „Redereien, lieber Vater,“ warf der Sohn mit geringschätzender Geberde ein. „An die du wohl selbst halb und halb glauben wirst, Oswald, nicht?“ Der junge Mann senkte betroffen die Augen und antwortete nicht. „Nun denn,“ fuhr der Alte fort, „wenn sich diese Gerüchte bewahrheiten sollten, was dann? „Aber Katharina können sie nicht berühren,“ sagte der junge Mann er¬ regt. „Sie hat sicher keinen Teil an solchen Dingen und ist eine gute Chri¬ stin.“ „Mag ja sein,“ meinte Herr Kurt und wiegte sinnend das ergraute Haupt. „Aber gesetzt auch — wer wird's glau¬ ben und würde nicht immer in ab¬ fälliger Weise von ihr gesprochen wer¬ den?“ „Wer wird es wagen, wenn sie meine Frau ist?“ fuhr Oswald zornig auf. „Ich würde es niemand raten und dann, es ist noch erst die Frage, ob Herr Peter der ist, für den er gehalten wird.“ Herr Kurt wechselte mit seiner Ehe¬ hälfte, die zagend und oft leise seufzend dem Gespräche zuhörte, einen raschen Blick, dann trat er auf seinen Sohn zu, legte ihm beide Hände auf die Schultern und sagte halblaut mit vor Aufregung zitternder Stimme: „Du rennst blind in dein Unglück hinein und wirst auch uns mitziehen. Wisse denn, ich weiß es ganz genau, Herr Peter ist ein Waldenser, ja, mehr noch, er ist der Vorstand der hiesigen Gemeinde, deren Herrlichkeit bald zu und nun gehe Ende sein wird. So — hin und heirate Herrn Peters Katharina eine Waldenserin!“ „Das ist sie nicht,“ fuhr Oswald auf. „Wer sagt, daß sie selbst eine Ketzerin ist?“ 53 „Aber sie ist eines Waldensers Toch¬ kann sie da ganz rein geblieben ter — sein von ketzerischen Lehren?“ „Ja. „Woher weißt du das, Oswald?“ „Von ihr selbst.“ „So bist du also über die Sachlage unterrichtet und wirst dann wohl selbst ein Waldenser?“ Unendliche Bit¬ terkeit lag in den Worten des alten Mannes. „Das Mädchen ist also eine Art Lockvogel.“ „Vater,“ bat Oswald bestürzt, „du urteilst falsch. Ja, ich habe dir ver¬ schwiegen, daß ich das Geheimnis kenne; das war nicht kindlich, nicht dankbar von mir, allein was kann ich dafür, daß ich mit jeder Faser an Katharina hänge? Sie selbst war es, die mir Mitteilung davon machte, von dem, was der Zu¬ fall ihr von dem Treiben ihres Vaters kundgetan, und mich bat, von ihr zu lassen, sie könne nie und nimmer mein Weib werden, denn wenn sie selbst eine gute Christin und Katholikin sei, so wäre sie das Kind eines Waldensers, eines Geächteten und sie wolle nicht mein Un¬ glück. Ich habe nach dieser Eröffnung mit mir selbst gekämpft, hab Tag und Nacht mich selbst gequält, allein ich kann nicht anders, ich liebe sie und sie muß mein Weib werden und ginge ich selbst dabei zugrund!“ „Um Christi Willen, was sprichst du da, Oswald,“ schrie da die Mutter auf und warf sich schluchzend an die Brust des Sohnes. „Willst du uns denn wirklich unglücklich machen? Be¬ denke auch, man wird dich und sie als Waldenser verhaften.“ „Ich habe alles bedacht, liebe Mut¬ ter,“ entgegnete der Sohn traurig, „al¬ lein ich kann nicht anders. Noch ist es übrigens nicht zu spät, noch kann des Priesters Segen uns von dem Ver¬ dachte der Ketzerei befreien.“ Einige Minuten herrschte Stille im Gemache, nur unterbrochen von dem lei¬ sen Weinen der Frau und dem schweren Atmen von Vater und Sohn.
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