Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1916

Kreuz und eine goldene Medaille mit Bildnis Herzog Albrecht IV. dem hingen, dem Pogner ein Zeichen, daß dieser Mönch in der besonderen Gnade des Herzogs stehen müsse und das stimmte seinen Uebermut bedeutend herab. „Seht,“ fuhr der Pater fort, „ich wollt' euch freundschaftlich warnen vor euren tollen Streichen gegenüber den Bürgern der landesfürstlichen Stadt Steyr, deswegen bot ich euch Platz in meinem Kahn. Der Krug geht so¬ lange zum Brunnen, bis er bricht auch des gnädigsten Herrn Herzogs Ge¬ duld könnte ein Ende haben. Laßt ab davon, die Bürger zu ärgern und ihr habt — ihnen Schaden zu tun ihnen und sie euch nicht zu befehlen.“ Dem Pogner stieg die Zornesröte ins Antlitz, und er hätte gerne auf brausend geantwortet, allein die gol¬ dene Ehrenkette des Mönches hielt ihn in Schranken. „Und wenn ich dies nicht tue?“ frug er nach einer Weile trotzig Der Mönch sah ihn ernst und miß billigend an: „Dann schreibt euch die Folgen nur selber zu,“ sagte er ge¬ messen. „Herzog Albrecht hat mich be¬ auftragt, euch im Guten und ganz unter uns, Frieden anzuempfehlen, es freut mich, daß ich mich so schnell meines Auftrages entledigen konnte.“ „Und wer seid ihr denn, Herr Pa¬ ter, daß euch der Herzog einen solchen Auftrag gibt?“ fragte der Pogner rasch, als der Mönch den Kahn, der in Steyr angelangt war, verlassen wollte. „Petrus, der Prior der Cölestiner in Böhmen und herzoglich österreichi¬ scher Kommissarius von heute an in Steyr,“ entgegnete der Mönch mit würdevollem Ernst, nickte dem Edel¬ mann vornehm zu, stieg mit Hilfe des Fährmannes aus dem Kahn und ging raschen Schrittes der Stadt zu. Der Pogner sah ihm offenen Mun¬ des nach, bis er verschwunden war, dann stieg auch er aus dem Kahn, stieß 49 den Fuhrmann, der ihm dabei helfen wollte, unwillig zur Seite und eilte gleichfalls in die Stadt, wobei er in¬ grimmig vor sich hin murmelte „So, so, der Herzog hilft der Stadt und dieses Mönchlein ist sein Bote! Gottes Blitz! Ihr sollt den Pogner noch kennen lernen, trotz Herzog und Kommissarius! Noch an demselben Tage, an welchem der Pogner mit dem Ketzerrichter von Garsten nach Steyr gefahren war, hatte sich der Letztere am Rathause einge¬ richtet und begann sogleich seine Arbeit. Wie schon erwähnt, waren bis jetzt nur Waldenser aus der Umgebung der Stadt gefangen gesetzt worden und die Untersuchung erstreckte sich nur auf diese. Der Burggraf, der vom Herzoge Albrecht IV. die gemessensten Befehle hatte, wußte aber genau, daß sich Waldenser in der Stadt selbst befan¬ den, und in der Unterredung, die er mit dem Mönche hatte, erklärte er dem¬ selben die Schritte, die bis jetzt zu deren Habhaftwerdung geschehen wären. Von allen Spähern konnte nur einer Auskunft geben, der Adelwanger, und diesen ließ der Pater zu sich bescheiden. Der Adelwanger ahnte, warum er aufs Rathaus berufen worden war und es war ihm nicht unlieb, mit dem Ketzerrichter selber in Verbindung zu kommen, das trug jedenfalls mehr ein, weil von dem Sündenlohne nichts an den verschiedenen Fingern, durch die der¬ selbe ging, bis er zu ihm gelangte, hängen blieb. Der Adelwanger, dem die Häupter der Waldenser jetzt vollkommen bekannt waren, entschloß sich, während er so langsam gegen das Rathaus schritt, dennoch nicht dem Pater Petrus vor¬ erst reinen Wein einzuschenken, und da¬ für hatte er seine triftigen Gründe. Einmal mußte er, um recht gut bezahlt zu werden, die Schwere seiner Spionierarbeit ins richtige Licht setzen und dann, dann war dieser Mann, der 4

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