42 mehr? Gott gibt Licht und Schatten gleichmäßig den Menschen, das mag uns Trost bereiten. Lasset uns daher nicht verzagen und fest zum Glauben stehen! Mag kommen, was da will: Gut und Blut für Christus und die Lehre seines Nachfolgers, unseres Meisters Peter Waldus!“ Er legte die Hand auf das Kreuz auf dem Tische, wie wenn er schwören wollte, und die Versammlung tat nach¬ einander ein Gleiches. Herr Peter las dann noch einige auf den heutigen Abend passende Abschnitte aus der Bibel — ein frommer Gesang folgte und dann verlöschten die Lichter. Die Versammlung trennte sich ebenso geräuschlos und ungesehen, wie sie sich zusammengefunden, und bald herrschte Ruhe das neue Jahr hatte be¬ gonnen. III. Am Tage nach den vorerzählten Er¬ eignissen, gegen Mittag zu, schlenderte ein junger Mann den Weg zur Stadt¬ pfarrkirche hinan. Er hatte augenschein¬ lich keine Eile und sein oftmaliges Hin¬ und Herwenden des Kopfes und das scharfe Auslugen bezeugten, daß er je¬ manden erwarte oder zu begegnen hoffe. Wenn man seine nette, sorgfältige Kleidung, die den Bürgerssohn verriet, in Betracht zog, so mußte man un¬ willkürlich denken, der hübsche Junge habe in dieser um diese Stunde ziem¬ lich menschenleeren Gegend der Stadt Stelldichein, und das würde so ziem¬ ein lich gestimmt haben. Oswald, der Sohn des reichen Krä¬ mers am Stadtplatze, erwartete wirklich mit aller Ungeduld eines Liebenden sei¬ nen Schatz, der, wie er wußte, aus einem der Häuser, die unregelmäßig um die Kirche gebaut waren, kommen mußte. So in Gedanken versunken, hatte er die Höhe erreicht, worauf die Pfarr¬ kirche steht, und wäre bald an einen ihm entgegenkommenden Mann ange¬ rannt, dessen Gesicht sich bei seinem An¬ blick in häßliche Falten verzog und des¬ sen Blicke ganz deutlich verkündeten, daß er dem jungen Manne nicht sonderlich hold war. „Ei, ei, Junker Oswald,“ sagte Hans Adelwanger, denn das war der Mann, mit dem der Krämerssohn fast zusammenstieß, ohne ihn zu bemerken. „Euch mag der Tag schon schwere Sorgen bereitet haben, daß ihr so in Gedanken versunken dahergeht! Fast cheint es, als sei euch euer Liebchen untreu geworden.“ „Was kümmert's euch, ob ich ein Liebchen habe oder nicht!“ entgegnete Oswald rauh, und seine sonst so freund¬ liche Miene drückte deutlich das Un¬ behagen aus, das er bei dieser Begeg¬ nung empfand. „Daß doch der Adel¬ wanger immer nur solche Geschichten vermutet, wenn er einen jungen Men¬ schen nachdenklich sieht.“ „Na, nur nicht gleich so böse, junger Herr,“ meinte der Adelwanger mit sü߬ lich=freundlicher Miene und widerlichem Lachen. „Sollte doch meinen, daß ein o hübscher Bursche, dem's an Geld nicht gebricht, bei den Mädchen einen Stein im Brett mehr hat als unsereiner. Jugend hat keine Tugend, war auch einmal so.“ „Und wie mir's scheint, noch im¬ mer,“ warf Oswald spitzig ein. „Ihr seht mancher tiefer in die Augen, als euch gut tut.“ „Aber in allen Ehren, junger Herr,“ sagte Adelwanger mit Nach¬ druck. „Und manche täte besser, einen Mann mit festen Grundsätzen zu be¬ achten, als mit Sausewinden zu lie¬ beln. Na — war nicht auf euch ge¬ münzt,“ setzte er rasch hinzu, als er die finstere Miene des jungen Man¬ nes bemerkte. „Doch, ich habe Eile, ge¬ habt euch wohl, dort kommt Jungfer Käthchen, Herrn Peter Vogelmayers — werdet scharfzüngiges Töchterlein
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