Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1916

endlich in die Küche, wo Frau und Tochter plaudernd beim Herd saßen. „Geht zur Ruhe,“ sagte er zu ihnen, „es ist schon spät und morgen heißt es zeitlich auf —“ „Und du?“ frug Frau Elsbeth und sah fragend den Gatten an. „Ich — ich habe noch einiges zu ar¬ beiten,“ entgegnete er, ohne die Frauen anzusehen. „Mann, — Mann, das kann nicht gut „Ewig enden,“ seufzte Frau Elsbeth. diese Heimlichkeiten! Warum sagst du mir nichts, oder habe ich nicht bisher Freud und Leid mit dir geteilt?“ „Ei doch,“ entgegnete Herr Peter halb ärgerlich, halb zärtlich, „aber es gibt Dinge, die nicht für Weiberohren passen. Werdet's noch zeitlich genug er¬ fahren. Begnügt euch damit, daß ich sage, es ist nichts Unrechtes, was wir im Keller besprechen.“ „Aber doch nichts solches, was ans Licht gehört,“ sagte Frau Elsbeth vor wurfsvoll. „Bedenke doch, du hast Fa¬ milie.“ — „Und ihr werdet schon be¬ obachtet, Vater,“ warf Katharina ein und berichtete kurz das Gespräch mit Adelwanger. Herr Peter runzelte die Stirn. „Der Schuft,“ murmelte er zwischen den Zähnen, „hätte wohl manches vor seiner eigenen Tür zu kehren, doch seid ohne Sorge, es ist heut ohnehin das letztemal, daß mehrere Freunde sich bei uns versammeln. Geht zur Ruhe. Gott laß euch sanft schlafen!“ Er küßte etwas bewegt Frau und Tochter und entfernte sich. II. Als Herr Peter die Küche verlassen hatte, trat er in den kleinen Hof, durchschritt ihn, und gelangte zu einem kleinen, eingedachten Vorbau an dem Teil des Hauses, der an den Schloßberg stieß. Dieser Vorbau deckte augenfällig die Türe eines Kellers, der in den Schlo߬ berg hineingegraben war. Herr Petrus klopfte in ganz eigen¬ tümlicher Weise an die Tür. Ein Ge¬ räusch ließ sich dahinter vernehmen und eine gedämpfte Stimme frug: „Wer ist's?“ „Petrus, der Wirt!“ antwortete der Einlaß Begehrende „Was willst du?“ tönte es weiter. „Trost im Leiden,“ war die Ant¬ wort. „Und auf welchen Grund hin ver¬ langst du Einlaß?“ war die weitere Frage. „Wer klopfet, dem wird aufgetan,“ sagte Herr Peter Vogelmayer leise durch die Türspalte hinein und im selben Augenblick öffnete sich halb die Tür der Wirt schlüpfte hinein und man ver¬ nahm, daß der Riegel wieder sorgfältig vorgeschoben wurde. Der Wirt stand nun einem einfach aber sauber gekleideten Mann gegenüber, dem man den Handwerker ansah. Die beiden schüttelten sich die Hände. „Es ist wohl oben alles rein?“ frug der Handwerker den Wirt, nicht ohne daß seine Stimme Besorgnis verriet. „Jetzt ja,“ sagte Herr Peter, „der Spion ist fort und wir haben keinen Lauscher zu besorgen.“ Die Männer machten jetzt nur we¬ nige Schritte und gelangten in einen ge¬ wölbten Raum. Weinfässer standen an den Wänden, in der Mitte des Ganges aber standen roh gezimmerte, hölzerne Tische und Bänke. In der Mitte der zu einer langen Ta¬ fel zusammengestellten Tische stand auf derselben ein einfaches Holzkreuz, rechts und links davon eine Oellampe und vor dem Kreuz lag ein dickleibiges, ge¬ schriebenes Buch, auf der Außenseite mit einem Kreuz versehen, also offenbar ein Gebetbuch. Im Hintergrunde, im Dunkeln fast verborgen, sah man eine Anzahl Män¬ ner, die leise miteinander sprachen. Als Herr Petrus eintrat, verstummte das Geflüster und sie traten an den Tisch,

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