Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1915

stand Habt acht! An der Kompagnie und an der Generalität vorbei, die salutierend dastand, wurden die Särge zum Separatzug getragen. Noch im¬ mer schlugen die Trommeln den Ge¬ neralmarsch. Die Garden gaben den Särgen das Ehrengeleite. Die Mit¬ glieder des Kaiserhauses folgten den Särgen bis zu dem schwarz ausge¬ schlagenen Waggon, in dem ein Kata¬ falk zur Aufnahme der Särge stand. Im Zuge nahmen dann noch Platz Obersthofmeister Freiherr v. Rumers¬ kirch, die Dienstkämmerer Rittmeister Graf Van der Straten und Dr. Frei¬ herr v. Morsey, Flügeladjutant Oberst Dr. Bardolff, die Beamten des Oberst¬ hofmeisteramtes und des Sekretariates des Erzherzogs und das erzherzogliche Kammerpersonal. Bis zum Zug hat¬ ten die Erzherzoge und der erste Oberst¬ hofmeister Fürst Montenuovo die Särge begleitet. Noch ein militärischer Sa¬ lut, dann ein Signal, und der Zug fuhr aus der Halle, Groß=Pöchlarn zu. Die ganze Bahnstrecke von Wien bis Pöchlarn war mit Gendarmerie besetzt. Schon in den späten Nachmittagsstun¬ den wurde mit den Absperrungsma߬ regeln begonnen. Zunächst wurde das Schloß Artstetten von einem Ring von Gendarmen umstellt, welche jedermann die Annäherung untersagten. Auch die Straße von Artstetten nach Klein=Pöch¬ larn, die Brückenansätze der Ueberfuhr, die Straße von Groß=Pöchlarn und der Bahnhof selbst wurden mit einem star¬ ken Gendarmerieaufgebot besetzt. 12 Uhr nachts. Von allen Seiten strömen große Menschenmengen nach Pöchlarn, um das Eintreffen des Trauerzuges zu erwarten. Die Gen¬ darmerie ging jedoch sehr streng vor und ließ niemanden passieren. Inzwi¬ schen vereinigten sich die Feuerwehren und Veteranenvereine und gingen zum Bahnhof, wo sich auch die Gemeinde¬ vertretung eingefunden hatte. Gegen halb 1 Uhr ging eine Be¬ wegung durch die harrende Menge. Man 167 hörte von fern das Rollen des Zu¬ ges und Punkt 12 Uhr 37 Minuten leuchteten unmittelbar vor der Station die Lichter der Lokomotive auf. Der Zug fuhr durch die Station durch, und blieb beim Rangierbahnhof stehen. Hier war neben dem Lastenmagazin ein schwarz dekoriertes Trauergerüst errich¬ tet worden, und an dieser Stelle er¬ warteten die wenigen offiziellen Per¬ sönlichkeiten, die hiezu dienstlich be¬ rufen waren, den Zug. Dem Zug ent¬ stiegen Obersthofmeister Baron Rumers¬ kirch, die Dienstkämmerer Rittmeister Graf van der Straten und Dr. An¬ dreas Baron Morsey, Flügeladjutant Oberst Dr. Karl Bardolff, die Hof¬ dame der Herzogin Gräfin Lanjus, die Beamten des Obersthofmeisteramtes und des Sekretariates des Erzherzogs und das erzherzogliche Kammerpersonal. Leiblakaien traten zum Salonwagen, ihnen folgten Hausoffiziere und Bedien¬ stete der Wiener städt. Leichenbestattung, und diese hoben die Särge aus den Salonwagen und trugen sie zum Trauer gerüst, wo Pater Bauchinger die Einsegnung der Leichen vornahm. Der anwesende Funktionär der Be¬ zirkshauptmannschaft Melk erstattete dem Obersthofmeister Baron Rumers¬ kirch die Meldung, worauf sich die Herren vom Bahnhof entfernten. Der Sonderzug, in dem sich die Leichen be¬ fanden, wurde von Gendarmen bewacht Am 4. Juli um halb 3 Uhr früh wurden die Särge mit den Leichen des Erzherzogs Franz Ferdinand und der Herzogin von Hohenberg im Wartesaal des Bahnhofes aufgebahrt, worauf der Stadtpfarrer Abg. Bauchinger die Ein segnung vornahm. Um halb 4 Uhr mor¬ gens wurden die Särge in Galaleichen¬ wagen an das Donauufer gebracht und auf der Rollfähre an das jenseitige Ufer überführt, worauf der Trauer¬ zug seinen Weg nach Schloß Artstet¬ ten fortsetzte, wo er um 5 Uhr früh anlangte. Auf dem ganzen Wege vom Bahnhofe bis zum Schloß hatte sich

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