Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1915

160 bereits der Sonderzug und der Leichen¬ wagen bereitstanden. Als beide Särge in den Leichenwagen getragen wurden, wurden von den außerhalb des Bahn¬ hofes längs der Straße stehenden Ba¬ taillonen Generaldechargen abgegeben. Aus Anlaß der Ankunft der Leichen des Thronfolgerpaares hatte die Be¬ völkerung des dalmatinischen Narenta¬ gebietes Vorbereitungen für eine würde¬ volle stille Trauerkkundgebung getrof¬ fen. In der Stadt Metkovic wa¬ ren alle Häuser schwarz beflaggt, die Straßenlaternen umflort und die Fahrzeuge und Dampfer im Hafen führ¬ ten zum Zeichen der Trauer die Flag¬ gen auf Halbstmast. Am 30. Juni um 6 Uhr früh lang¬ ten die Leichen mittels Hofsonderzuges aus Sarajewo ein. Im Bahnhofe hat¬ ten sich außer einer von Mostar beige¬ tellten Ehrenkompagnie und einer Ab¬ teilung der Kriegsmarine eingefunden: Statthalter Graf Attems, sämtliche Be¬ amten der Stadtbehörden, die Offiziere, die Geistlichkeit, mehrere höhere Staats¬ beamte, der königlich italienische Kon¬ sularfunktionär, die Vertretung der Ge¬ meinde, die Schuljugend mit der Leh¬ rerschaft, sowie die gesamte Bevölke¬ rung von Metkovic. Die beiden Särge wurden von Matrosen der Kriegsmarine gehoben und von der katholischen Geist¬ lichkeit von Metkovic unter dem Geläute aller Kirchenglocken eingesegnet und so¬ dann unter gedämpftem Trommelwirbel der Ehrenkompagnie auf die Kriegs¬ jacht „Dalmat“ getragen. Der Sarg des Erzherzogs wurde mit der Kriegs¬ flagge und der erzherzoglichen Stand¬ arte, der Sarg der Herzogin von Hohen¬ berg mit der Kriegsflagge bedeckt. Unter Abfeuerung einer General¬ decharge der Ehrenkompagnie setzte sich das Schiff langsam in Bewegung. Dem Schiffe fuhr ein Torpedoboot voraus, die Statthalterjacht folgte nach. In allen Gemeinden und Ort¬ die schaften längs des Narentaufers, reichen Trauerschmuck trugen, hatte die Bevölkerung nebst den Gemeindevertre¬ kungen und der Schuljugend Aufstel¬ lung genommen. Männer und Frauen hielten brennende Kerzen. Als das Schiff herannahte, knieten alle nieder, während die Geistlichkeit unter dem Ge¬ läute der Kirchenglocken den vorbeifah¬ renden Leichenzug segnete. Als die Kriegsjacht „Dalmat“ vor der Narsentamündung anlangte, leistete das dortselbst verankerte Schlachtschiff „Viribus unitis“ einen Geschützsalut von 19 Schüssen. Die „Dalmat“ legte so¬ dann an der Seite des Schlachtschiffes an, worauf die beiden Särge gehoben und an Bord des Schlachtschiffes ge¬ bracht wurden. Das Achterdeck des Schiffes war in eine Kapelle umge¬ wandelt und mit Kriegsflaggen und Fahnen geschmückt. Hierauf nahm die Schiffsgeistlichkeit die feierliche Einseg¬ nung der beiden Leichen vor. Nach 9 Uhr früh lichtete das Schlachtschiff „Viribus unitis“ die Anker und steuerte mit der Kriegsflagge und der erzherzoglichen Standarte auf Halb¬ mast dem Norden zu. Am 1. Juli um 7 Uhr abends traf das Schlachtschiff „Viribus unitis“ in Triest ein, begleitet von der Eskade, und verankerte sich auf der Reede. Die sterblichen Ueberreste des Thronfolger¬ paares blieben vorläufig an Bord der „Viribus unitis“. Die Eskader stand unter dem Kommando des Marinekom¬ mandanten Admirals Haus, der sich an Bord der Kriegsjacht „Lacroma“ befand, und setzte sich aus zwei Schlacht¬ schiffdivisionen und einer Torpedoboot¬ lottille zusammen. Weiters hat sich der Eskader auch die Kriegsjacht „Lus¬ in“ mit dem Kriegshafenkommandan¬ ten von Pola Vizeadmiral Ritter v. Chmelarz an Bord angeschlossen. An der Riva bei der Landungsstiege des Molo St. Carlo war ein großer Platz freigehalten, in dessen Mitte zwei reich in Schwarz und Gold geschmückte Gerüste errichtet worden waren. Hier hatten sich bald nach 7 Uhr früh die

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