Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1915

Während die Wirtin nun zu den Gästen geht, hat der Rastelbinder den Braten aus der Röhre gestohlen und sagt: Rastelbinder, ehrlicher Kerl, Das Häferl geflickt, Den Braten geschlickt! Die Wirtin entdeckt den Diebstahl, schickt ihm den Hausknecht nach, der Rastelbinder leugnet aber standhaft und sagt ununterbrochen: „Rastelbinder ehr¬ licher Kerl!“ Besonders abwechflungsreich ist die „Vorstellung“ in der Weihnachtszeit. Gleich nach dem „Nachtwächter“ erscheinen magisch beleuchtet am Hintergrunde die Engel und vor der Krippe singen drei Hirten ein Kripperllied, welches heißt: Der Engel weckt die Hirten auf. Engel: Gloria, Gloria, in excelsis Deo Hirten (erwachend): „Was is dös für à Jubel und für à Gschroa? Mein Oachl ös müassn d' Engel sein! Wia viel is's! Engel: „Zwölfi hat's g'schlag'n, zwölfi hat's g'schlag'n!“ Hirten: „Was hat si denn zuatrag'n, wia 's zwölfi hat g’schlag'n? Engel: Ein kleines Kind geboren ist.“ „Wo?“ Hirten „Zu Bethlehem!“ Engel: „Wo? Hirten: „Zu Bethlehem in einem Stall! Engel: Hirten: „Das loben wir all', das loben wir all!“ Alle: Buam, seid's muntä, erwachet's „Geht's, vom Schlaf! z'samma in d’ Hütten all' enkere Treibt's Schaf! Verweil' di nöt lang, kimm bald nachä, Bua Gregä, I han schon à Weisät einpackt in mein' Zöga. Hiatzt geh'n mä halt zuwi, tän's grüaßen all' drei, Da liegt à kloans Kind mit à Jungfrau dabei! Voll Freuden, o Jesus, erhebt si das Gmüat Weil du bist gekommen uns Sündern zu Liab. Brich unsere Herzen nach deinem Gefallen, Gib uns deinen Segen und verleihe uns allen A glückselig's End' nach der traurig'n Zeit Und schenke uns einstens die himmlische Freud!“ Nach dem Dreikönigsfest gehen alle Karawanen mit ihren Kamelen an der Krippe vorbei, auch ein Leichenbegängnis 149 mit vielen Leidtragenden hinter denen der „Menhardenhiasl“, eine bekannte, längst verstorbene Steyrer Type, laut nachbetet. In dieser Zeit wird der große Ein¬ zug des Königs David mit der Bundes¬ lade und der Einzug des „ägyptischen Josef“ mit seinen Brüdern als ägyp¬ tischer Statthalter mit großem Gefolge Wilden, Kriegern, Priestern, Musik, Elefanten, Kamelen und Pferden, vor geführt was allein 88 Figuren erfordert. Daß bei einem für das Kindergemüt berechneten Theater ein kleiner Geister¬ spuk nicht fehlen darf, ist eigentlich selbst¬ verständlich. Der „Geist“ steckt in einer Kiste, die der „Herr Exzeß“ mit dem „silbernen Haarbeutel“ einfach auf der Straße stehen läßt. Ein daherkommen¬ der Berliner mit einem weißem Zylinder wird vom „Geiste“ ausgiebig genarrt. Aus den verschiedenen Vorführungen will ich noch die „Wildpretzschützen“ und das „Heimtreiben von der Alm“ hervor¬ heben. Bei dem ersteren singen zwei Wil¬ derer, bevor sie auf den Berg steigen: Und hab' i koan Geld, i hab'’ kaons bracht auf d' Welt, Mein Vadä gibt mä koans, hiatz schau i mä selm um oans; I steig' am Gamsberg auffi mit meina Kugelbüchs' A Geldl müaß mä hab'n, da gibt's gar nix, gar nix. „Auf da broat Wiesen, beim Läkerl, dort sauft da Hirsch“ und dort fällt er auch durch einen wohlgezielten Schuß des Wildpretschützen. Sie binden den Hirsch auf eine Stange und tragen ihn zu Tal. Da pfeifen schon die Jäger und mit Mühe entrinnen die Wilderer. Im Tale angekommen, singen sie: Wir kommen vom Gebirge her, Gebirge her, Da dampft das Tal, da braust das Meer, da braust das Meer. Ich wandle still, bin wenig froh Und immer frägt mein Seufzer, wo? Wo bist du, mein geliebtes Land, geliebtes Land Von mir gesucht und nicht erkannt, und nicht erkannt. Das Land, das meine Sprache spricht, Wo du nicht bist, da ist kein Glück!

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