Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1915

vom B.=B.=A. Linz zum Bahnbetriebs¬ amte Steyr übersetzt. 12. In Weyer verschied die Do¬ mänenbeamtenswitwe Josefa Skazil im Alter von 78 Jahren. Dem Postoberoffizial Anton Ren¬ nerein SteyrI wurde eine Postkon¬ tro örstelle verliehen. 15. Der Reservisten=Spar= und Un¬ terstützungsverein in Steyr hielt in sei¬ ner Vereinsherberge Gasthaus „Zur blauen Kugel“ seine 32. Generalver¬ ammlung bei gutem Besuche seitens der Mitglieder ab. Dem vom Kassier er¬ tatteten Rechenschaftsbericht ist zu ent¬ nehmen: Die Einlagen der Mitglie¬ der betrugen am Schlusse des Vor¬ jahres K 2656·60, im abgelaufenen Vereinsjahre wurden K 744·20 einge¬ egt, zur Waffenübung und nach Er¬ halt des Landsturmpasses wurden K 500·70 behoben, sodaß am Schlusse des Vereinsjahres die Einlagen der Mit¬ glieder K 2900·10 betrugen. Der Un¬ terstützungsfonds hatte am Schlusse des Vorjahres einen Stand von 17.863 K 97 h, die Einnahmen betrugen K 1271 30 h, die Ausgaben 726 K 72 h dar¬ uinter 388 K bei Waffenübungen; am Schlusse des Vereinsjahres hatte der Unterstützungsfonds ein Vermögen von K 18.408·55. Das Gesamtvermögen des Vereines am Schlusse des Vereinsjah¬ res betrug K 21.308·65. Beim Punkte Allfälliges stellte Vorstand=Stellvertre¬ ter Lemp unter dem Beifalle der An¬ wesenden nach einer eingehenden Wür¬ digung der ersprießlichen Tätigkeit des Vorstandes JosefWeidmann, der nunmehr durch sechs Jahre an der Spitze des Vereines steht u. ihn mit Um¬ icht und Erfolg leitet, den Antrag, denselben zum Ehrenmitgliede zuer¬ nennen. Der Antrag wurde einstimmig angenommen. Bei der nach der Ge¬ neralversammlung stattgefundenen kon¬ tituierenden Ausschußsitzung wurden 3. Weidmann zum Vorstand, Karl Lemp zu dessen Stellvertreter, Hans Meyer zum Kassier, Hans Pollak zu dessen Stellvertreter, Aug. Mitter zum Schrift¬ führer und Ignaz Sedletzky zum Archi¬ var gewählt. Einen schmerzlichen Verlust erlitt die Familie des Postmeisters Raimund Gayer in Grünburg durch das Ab¬ leben des Sohnes Raimund Gayer jun., k. k. Postoffiziant in LinzI, welcher nach langem schmerzlichen Lei¬ den im 27. Lebensjahre entschlafen ist. 14. Im St. Annaspitale verschied die Private Anna Sammwald, Mut¬ 81 ter des Friseurs Josef Sammwald in Steyr, im Alter von 86 Jahren. Bei prachtvollem, leider stark win¬ digem Wetter fand an diesem Tage das erste Fliegen in Steyr statt. Als Flieger war Giovanni Borgotti be¬ tellt. Auf der Rennbahn, wo der Hangar errichtet war und das Flug¬ zeug besichtigt werden konnte, herrschte reges Leben. Der Apparat, dessen sich der Flieger bediente, war ein Bleriot¬ eindecker von 280 kg Gewicht mit 68= pferdigem Gnome=Motor; die Ge¬ schwindigkeit des Apparates beträgt bis 100 km per Stunde. Schon um 2 Uhr nachmittags begann eine wahre Völkerwanderung zum Flugplatze und auf die umliegenden Anhöhen. Es mö¬ gen wohl 3000 Menschen auf der Renn¬ bahn versammelt gewesen sein, unge¬ rechnet die Tausende, welche von ent¬ fernteren Punkten aus das interessante Schauspiel beobachteten. Punkt 4 Uhr wurde der Eindecker aus dem Hangar ge¬ bracht und bald darauf der Motor in Tätigkeit gesetzt. Die sausende Luft¬ schraube entwickelte einen derartigen Zug, daß die Feuerwehrleute, dieden Apparat hielten, alle Kraft aust¬ den mußten, um nicht mitgerissen zu werden. Auf ein Zeichen des Fliegers hin ließen die Mannschaften den Ein¬ decker los, blitzschnell schoß dieser über den Rasen dahin, um nach kurzem An¬ laufe unter lebhaftem Beifall sich in die Lüfte zu erheben. Er nahm zu¬ rst Kurs gegen das Minnichholz, wen¬ dete dann gegen den Waffenfabriksbau¬ platz, überflog diesen und den Staats¬ bahnhof sund kehrte dann in schöner Wendung auf die Rennbahn zurück, wo er, vom rauschenden Beifall der Tausende begrüßt, fast an der Stelle des Abfluges landete. Der Flieger er¬ zählte, daß er unter den unregelmäßi¬ gen Luftströmungen sehr zu leiden hatte und durch eine Steilbö über dem Waf¬ enfabriksneubau stark niedergedrückt wurde, was auch vom Rennplatze aus deutlich zu sehen war. Mittlerweile war der Wind noch stärker geworden. Da aber nach längerem Warten keine Besserung der Windverhältnisse eintrat, versuchte er zweimal einen neuerlichen Aufstieg, kam auch jedesmal vom Bo¬ den ab, wurde aber immer wieder nach wenigen zurückgelegten Metern zur Lan¬ dung gezwungen. Er versprach zur Ent¬ schädigung einen Flug für den nächsten Tag, der sich über die ganze Stadt erstrecken werde. Am darauffolgenden Tage, Montag, 15. September, löste 13

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