Die Terrainvermessungsarbeiten zur Anlegung der Elisabeth=West¬ eisenbahn wurden während des ganzen Sommers eifrig betrieben, und besonders sind die Punkte Salaberg und Stampf im Erlatale, dann der Enns¬ übergang, wo sich die Bahn unserer Stadt am meisten nähern wird, für dieselbe von größter Wichtigkeit, weil ein Fernbleiben von diesem großen Ver¬ kehrswege unserer dahinsiechenden Eisen¬ industrie den letzten Lebensweg ab¬ schneiden würde. Es muß daher un sere Stadtrepräsentanz alles aufbieten, um entweder die Hauptbahn in die mög¬ lichste Nähe gerückt, oder doch eine Flügelbahn zu erhalten. Zu diesem Zwecke reisten auch anfangs September der Herr Bürgermeister Gaffl, der Herr Stadtsekretär Aichinger und Herr Dr. Kompaß nach Wien und machten dort bei den k. k. Ministerien und der West¬ bahndirektion ihre Schritte, welche auch überall günstiges Gehör fanden, und worauf schon am 15. September wie¬ der neue Ingenieure aus Wien nach Stampf kamen und durch 14 Tage die Vermessungen wegen möglichsterAn¬ näherung der Bahn gegen die Stadt vornahmen. Allein da die Schwierig¬ keiten zu groß gefunden wurden, wurde eine Flügelb ahn vom Schlüs¬ selhof nach Enns hinab ausge¬ steckt und vermessen. Am 29. September fand die feierliche Einweihung des neuerbauten Schulhauses in der Vorstadt Enns¬ dorf statt. In der Gemeinderatssitzung vom Ok¬ tober, wo in Gegenwart des k. k. Kreis¬ kommissärs Brosch das städtische Präli¬ minare pro anno 1857 beraten ward, wurde zur Deckung des allgemeinen Defizits von 16.940 fl. nebst einer 20°igen Umlage auf die direkten Steuern auch die Erhebung eines Ver¬ zehrungssteuerzuschlages von 20% von den geistigen Flüssigkeiten und 10% vom Fleisch beschlossen. 73 Am 17. November kam das ober¬ landesgerichtliche Urteil in causa der Stadtgemeinde Steyr kontra den Herrn Fürsten Lamberg wegen Gestattung der freien Durchfahrt durch das Schloß nach Voglsang und der Promenade, wo¬ mit der Stadt dieses Recht gänzlich ab¬ gesprochen wird, es wurde jedoch gegen dieses Urteil noch die Appellation an den Obersten Gerichtshof ergriffen. Vom 25. November bis 1. Dezember durch sechs Tage ununterbrochener, un¬ erhörter Schneefall bei 3—5 Grad Kälte, so daß der Schnee auf dem Stadtplatze 3 Fuß hoch wurde, und auf dem Lande alle Kommunikation gesperrt ist. Den 27. nachmittags fand hier auf dem Stadlmayrfelde das große Schlit¬ tenrennen statt, wobei jedoch bloß Fahrer aus dem Steyrer, St. Pöltener und Brucker Kreise zugelassen wurden und 21 Renner die Fahrt mitmachten. Es erübrigte kein Ertrag. Die Erbauung eines Eisen¬ bahnflügels von Enns nach Steyr auf dem linken Ennsufer wurde vom Armee=Oberkommando aus strategischen Gründen verworfen, und so werden wir wohl der großen, das Land durch ziehenden Pulsader, der Eisenbahn, fern bleiben müssen, und unsere gute, ge¬ werbfleißige Stadt, deren Industrie ohnehin im Rückschritte begriffen ist, kann wegen Mangel billiger Mineral¬ kohlen einem noch weiteren Verfalle lei¬ der nicht entgehen; denn die bloße Re¬ gulierung des Ennsflusses, wofür vom Ministerium durch fünf Jahre alljähr¬ lich nur 5000 fl. bewilligt sind, kann diesfalls keinen Ersatz bieten. Von unserer Eisenindustrie blühen jetzt nur noch die Armatur¬ erzeugung und die Maschinen¬ nägel=Erzeugung, wovon jede meh¬ rere hundert Menschen beschäftigt, dann werden jetzt auch, noch von einigen Schmieden Nieren und Holzschrauben für Eisenbahnen und Dampfschiffe gemacht. Sonst ist von unsern alten Eisengewer¬
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