Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1915

fung der k. k. Unterrealschule, die seit 1851 in der ehemaligen Bür¬ germeisterschule etabliert ist. Am 18., 19. und 20. August fand hier die Jahresversammlung des ob der Ennsischen Katholikenver¬ eines statt, wozu sehr viele Mitglie¬ der sogar auch aus Wien und dem Auslande erschienen. Die Feier begann mit einem feierlichen Hochamte in der Stadtpfarrkirche, dann ging der Zug in das Theatergebäude, welches im Innern entsprechend umgestaltet, präch¬ tig tapeziert und beleuchtet war, wo dann Tage hindurch von der, auf der Bühne errichteten Kanzel herab von mehreren auswärtigen Mitgliedern Re¬ den gehalten wurden. Im Oktober kam der Rest des alten Festungstores (Gilgentores) außerhalb der Stadtpfarrkirche, dessen größter Teil schon anno 1846 abge¬ brochen worden war, nun endlich an die Reihe. Er war Privatbesitz der Zäzilia Dickbauer und wurde bei ihrer fortwährenden Verkaufsweigerung end¬ lich gerichtlich um 1180 fl. K.=M. ab¬ geschätzt, von der Stadt bezahlt, ab¬ gebrochen und der dort noch bestan¬ dene Teil des Stadtgrabens ausgefüllt, so daß ein hübscher Kirchenplatz ent¬ steht. Im November wird der städtische Ziehbrunnen vor dem Rathause umgestaltet und erhält statt des alten und hohen hölzernen Spitzdaches eine hübsche Säulenform. Das Jahr hat der drängenden Hoffnung des endlichen Besserwerdens aller öffentlichen Zustände zum Teil ent¬ sprochen. 1353. Die allgemeinen Zustände dürften sich heuer doch bessern und auch die provisorischen Staatsver¬ hältnisse endlich in ein Definitivum übergehen. Das Silberagio ist wenig¬ stens bereits auf 8 Prozent herabge¬ fallen, daher doch auch bald die, seit vier Jahren unsichtbaren Silbermünzen 65 endlich aus ihren Verstecken hervor¬ kriechen dürften, wodurch natürlich auch die noch immer anhaltende drückende Teuerung ihr Ziel finden müßte. Zum Glücke herrscht jetzt in ganz Europa Friede. Am 17. und 18. Jänner sah man endlich in diesem ganzen Winter die ersten Schneeflocken am hellen Tage fallen, doch verschwanden sie so¬ gleich auf dem Boden wieder. Am Montag den 21. Februar wurde hier in den beiden Pfarrkirchen ein feier¬ liches Dankfest für die glückliche Ret¬ tung Sr. k. k. apost. Majestät Franz Josef, welcher am Freitag den 18. Fe¬ bruar in Wien bei einem Spaziergange auf der Bastei von dem ungarischen fanatischen SchneidergesellenLibeny meuchlerisch in das Hinterhaupt ge¬ stochen worden ist, abgehalten, und am 25. ging der Herr Bürgermeister mit drei Gemeinderäten nach Linz — zum Herrn Statthalter, um ihm die Bei¬ leids= und Huldigungsadresse zu über¬ reichen. Am Montag den 14. März wurde hier das Fest der Genesung Sr. Majestät des Kaisers gefeiert. Vormit¬ tags um 9 Uhr Aufzug des unifor¬ mierten Bürgerkorps, dann Hochamt und Tedeum unter Beiwohnung sämt¬ licher Dikasterien und des Offizierkorpe von Garsten. Abends um 6 Uhr Fest¬ theater und nach dessen Beendigung um 8 Uhr allgemeine Beleuchtung der Stadt und Vorstädte. Kein Haus blieb un¬ beleuchtet und ungeachtet der Eile sah man doch recht hübsche Transparente, nur Schade, daß schon um 10 Uhr ein heftiger Wind und gegen 11 Uhr ein Regen der Herrlichkeit ein Ende machte. Die Liedertafel sang im Theater und der Gesellenverein auf dem Platze bei Fackelscheine hübsche Lieder und die Bande des Bürgerkorps spielte türkische Musik. Der Tag war schön und nicht kalt, nur schade, daß keine Kanonen¬ salven wie früher die Feier verherr¬ lichten. 12

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2