Als sich jetzt die beiden Brüder dar¬ über berieten, wer des kleinen Welt¬ bürgers Taufpate zu sein habe, erin¬ nerte sich Meginhalm schmexzlich daran, daß der selige Herzog Ottokar selber und von freien Stücken sich dereinst er¬ boten habe, Meginhalms ersten Sohn über das Taufbecken zu halten, und traurig sagte er: „Hast dich halt schon in der Wiege — wirst's zu bescheiden, armer Wurm wohl noch öfter tun im Leben!“ Da hatte aber Frau Mechthild eine gute Eingebung. „Kann's der selige Herzog nicht sein, so weiß ich doch wohl gar gut, wie sein einstiges Anerbie¬ ten eingelöst werden mag,“ sagte sie und als Meginhalm sie fragend ansah, setzte Frau Mechthild bedeutsam hinzu: „Ist nicht zu Admont meine gnädigste Herrin? Ich dächte wohl, es würde sie gar sehr erfreuen und ihre hohe Genugtuung sein, ihres dereinstigen Ehe¬ versprochenen Wort einlösen zu können!“ Meginhalm war mit dem Vorschlage seiner Frau sogleich einverstanden, nicht ganz aber Herr Gerung. die „Wird sich zu stark aufregen, hohe Frau,“ sagte er bedenklich, „ist sich wohl zu überlegen das —“. „O. sorgt nicht, Herr Schwager.“ erklärte Frau Mechthild jetzt, „ist ruhig ge¬ worden, meine herzgeliebte Prinzeß Ag¬ nes, hat ihr Leid wohl noch nicht ver¬ gessen, aber weiß es zu ertragen, und glaubt mir, sie wird mit Freuden tun. was ihr dereinstiger Verlobter dem Me¬ ginhalm versprochen, und so ich meine gnädigste Frau noch kenne, wird es ihr ein wahres Vergnügen sein, sich und uns dadurch bezeigen zu können, wie sehr sie Herzog Ottokar ist zugetan gewesen.“ Das leuchtete den Männern ein und Meginhalm ritt schon am andern Tage gen Admont und kam von dort mit der fröhlichen Kunde heim, daß Prin¬ zessin Agnes sich mit wehmütiger Freude ohne Zögern bereit erklärt habe, an Stelle ihres einstigen Verlobten Tauf¬ patin sein zu wollen. 59 „Er wird wohl zufrieden sein dro¬ ben,“ hatte Prinzeß Agnes erklärt, „wenn er sieht, daß hier auf Erden seiner so in Lieb und Unvergessenheit gedacht wird!“ Und so brachten sie denn jetzt Me¬ ginhalms Söhnchen nach Garsten, wo die Taufe stattfinden sollte und wo Ag¬ nes von Babenberg ihres Patenkindes bereits in der Taufkapelle harrte. Sie war noch immer schön und stolz, die Babenbergerin, aber ihr schneeweißes Haar, die Blässe ihres Antlitzes und die vielen kleinen, wenn auch kaum sicht¬ baren Fältchen darin zeigten von dem großen Leid, das sie zu tragen hatte. Sie war tief in Schwarz gekleidet und kein Schmuck war an ihr sichtbar. Als der Zug mit dem Täufling die Kirche betrat, erhob sie sich vom Bet¬ schemel, worauf sie bisher gekniet hatte, erwiderte mit freundlichem Nicken des Hauptes die ehrfurchtsvollen Grüße der Eingetretenen, reichte Frau Mech¬ thild, deren Gatten und Herrn Gerung stumm die Hand zum Gruße, und da trat auch schon der Abt Syrius II. von Garsten*) in die Kapelle, der den Taufakt selber vollziehen wollte. Wortlos übernahm Agnes von Ba¬ benberg jetzt den Täufling, — erst als sie ihn über das Taufbecken hielt, huschte ein leichtes Lächeln, wie ein ver¬ irrter Sonnenstrahl aus der Abendsonne Glanz, über ihr feingeschnittenes Ant¬ litz und mit gewisser Befriedigung und Genugtuung sagte sie auf des Abtes Frage, wie das Kind geheißen werden solle, mit klarer fester Stimme: „Wie der, so ihm Pate sein wollte, nun aber in Gott bei seinen Ahnen ruht: Ottokar!“ Und nach vollendetem Taufakte reichte Agnes von Babenberg der Frau Mech¬ thild und Meginhalm den Sohn und sprach sodann mit kaum merklichem Er¬ zittern im Tone: *) Der Nachfolger des 1100 verstorbenen Abtes Kon¬ rad I., der Ottokar im Tode vorangegangen war.
RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2