Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1915

an, dies zu unterlassen, „magst lustige Hochzeit halten, denn unser gnädigster Herr billigt vollkommen deine Wahl freue mich selber ganz kindisch darauf, werd' an eurem Glück mich erlaben und wieder ins richtige Ge¬ leise kommen! Schick nur gleich nach Wien, die Botschaft wird doch wohl erwartet, he?“ Glaub's wohl,“ sagte Meginhalm mit freudigem Stolz, „daß Mechthild ungeduldig der Entscheidung harrt geh’ aber selber hinab und sprech auf Weitenegg eher vor, so du einverstan¬ den bist — möcht gern meiner Mechthild ihrer Alten Ja und Amen selber über¬ 77 bringen Und er lachte ganz glücklich. Herr Gerung nickte seinen Beifall zu diesen Worten und schritt davon. „Sind doch recht garstige Menschen diese Verliebten,“ murmelte er in den Bart hinein und lächelte aber doch zu¬ frieden dabei „haben nur Augen und — na, wollen's Ohren für sich selber hoffen, daß die zwei ihr Lebtag sich o zugetan auch bleiben, werden's nicht bereuen und, St. Georg, die von Scha¬ chen gewiß auch nit! Walt's so der Herr!“ XXI. Mechthild und Meginhalm konnten jedoch im Jahre 1185 noch nicht Hoch¬ zeit machen, denn die Umstände gestat¬ teten es nicht. Am Babenbergischen Hofe konnte die unheilbare Erkrankung Herzogs Ottokar VIII. von Steyr nicht mehr geheimgehalten werden, zumal Ottokar in einem einberufenen Rate der Edelsten und Fürnehmsten seines Volke¬ elbst davon Mitteilung gemacht hatte, daß er unheilbar aussätzig sei und seine Verlobung gelöst habe, daß er aber bis an sein Lebensende die Regierung selber weiterzuführen gedenke. Der traurigen Aufgabe, Prinzessin Agnes davon zu verständigen, daß sie nicht mehr Braut sei und alles Hof¬ fen und Lieben nun ein Ende habe, 57 unterzog sich deren Mutter und so scho¬ nend Herzogin Helena auch zu Werke ging, konnte sie doch nicht verhindern, daß Agnes unter dem entsetzlichen Jam mer dieser Kunde fast zusammenbrach, und es kostete große Mühe und es erforderte die Aufbietung der ganzen väterlichen Autorität, daß Prinzessin Agnes nicht alle Hofetiquette und jene Schicklichkeitsregeln, die sich die Menschen selber geschaffen haben, außer acht ließ, und dem Manne ihrer Liebe nicht eine hingebungsvolle Pflegerin in seinen chweren Tagen wurde. Dieses Trostes beraubt, erklärte Agnes, nachdem sie ruhiger geworden war, ihren Schmerz hinter den stillen Mauern eines Non¬ nenklosters vergessen suchen zu wollen, und als alles Abreden ihrer Eltern nichts fruchtete, brachten sie ihre An¬ gehörigen nach Admont, wo sie ihr Le¬ ben zwar nicht als Nonne, doch aber nach deren Regeln zu beschließen hoffte. Dort lernte sie zwar nicht ihr Leid vergessen, wohl aber linderte die wohl¬ tätige Mutter Zeit den Schmerz so, daß sie mit stiller Wehmut und Ergebung daran zu denken vermochte, was hätte sein können und doch nicht geworden war. Bevor sie nach Admont kam, ver¬ ging das Jahr 1185 mit Unterhand¬ lungen, Vorbereitungen, Festsetzung und Flüssigmachung jener Summe, die Agnes dem Kloster für ihren Lebensunterhalt mitbrachte und diese schwere Zeit über stand ihr Mechthild von Weitenegg ge treulich zur Seite und verließ sie erst als die Klosterpforte sich hinter der so chwer geprüften Babenbergerin für im¬ mer geschlossen hatte, und hierauf erst fand die Vermählung Meginhalm von Schachen mit Mechthild von Weitenegg statt, die sich zu Steyr niederließen nachdem Meginhalm nicht aus dem Dienste Herzogs Ottokar treten wollte. Ottokar VIII. aber fand in der hehr¬ sten Auffassung und in der pflichtge¬ mäßesten Erfüllung seiner Regentenob¬ liegenheiten Trost in seinem Leiden und sorgte in der väterlichsten Weise für das

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