52 Herrn; Herzog Leopold ist schon gar un¬ geduldig darob — scheint mir aber noch ganz was anderes dahinter zu sein, denn die zu Wien schienen mir gar zu sehr bestürzt ob der Kunde zu sein, —77 die ich überbracht Und er erzählte, wie ihn Herzog Leopold selber um das Befinden Otto¬ kars ausgefragt und wie ihm alles gar so wichtig gewesen sei, was er von Hellwig erfuhr. „War aber sehr vorsichtig, der hohe Herr, im Fragen wie im Handeln da¬ bei,“ schloß Hellwig seinen Bericht, „und alleweil gar ernst gestimmt. Dann war mehrere Tage hindurch großer Rat und endlich hatt' ich ein gar kleines, aber wohlversiegelt Pergamentlein für Herzog Heinrich mit auf den Weg erhalten sollt ihm das selber übergeben, oder der Frau Herzogin Helena.“ „Und hast das schon getan, Junge? Hellwig nickte. „Gleich nach meiner Hieherkunft heut früh — auch Herzog Heinrich schien mir allzu schweigsam, hat doch sonst eine so fröhliche Natur. Geht was Großes vor, dafür stehe ich euch!“ — Und Hellwig hatte recht, es ging Großes vor, denn der Herzog Otto¬ kar war nach seiner Rückkehr aus dem Garten in des Herzog Heinrichs Gemach gegangen und hatte sich mit demselben wohl über eine Stunde lang einge¬ schlossen. Als Herzog Ottokar seinen Vetter verließ, war dieser hochgradig erregt und konnte kaum sprechen, aber Herzog Ottokar war ruhig geblieben, wenig¬ stens äußerlich, und an der Tür reichte er ihm die behandschuhte Rechte und *) sagte fest: *) Hier sei bemerkt, daß zu dieser Zeit der Aussatz bei dem Herzog noch in keinem solchen Stadium sich be¬ and, daß eine Uebertragung desselben auf Personen einer Umgebung hätte befürchtet werden können. Auch in späteren Aussatzerscheinungen liegt keine so große An¬ steckungsgefahr, wie angenommen wird, und auch heute ist unter den bewunderungswürdigen — meist dem geist — Pflegerinnen und Pflegern lichen Stande angehörigen der Legra=(Aussatz=) Kranken in Französisch=Guxana auf den Sandwichs=Inseln, in Norwegen u. s. w. eine #7 „Lieber Vetter, wie seid ihr doch fast mehr bekümmert ob der Sache, wie ich selber! Ich dank euch recht sehr für euer verwandtschaftlich Mitgefühl, aber faßt euch doch, der Himmel will es so!“ „Ja, leider,“ murmelte Herzog Hein¬ rich und sah zu Boden, „aber es ist gar zu schrecklich, was ihr selber mir soeben eröffnet habt — hab es nim¬ mer glauben wollen —.“ Herzog Otto¬ kar nickte wehmütig. „Ist so bestimmt in Gottes Rat,“ er¬ widerte er mit etwas zitternder Stimme, „heißt sich also in Demut fügen, bleibt daher dabei, so wie wir beredet haben: Agnes erfährt mein Unglück nicht früher, so ihr nicht zu Wien seid — ging über meine Kräfte, müßt ich selber ihr kund tun und wahrscheinlich auch weit über die ihrigen! Ist besser so! Ihr bringt Agnes dann nach Hause — das Unglück erfährt sie doch noch zeitlich genug, wenn drunten bei euch — der Ehepakt zer¬ rissen wird!“ Mit fast übermenschlicher Anstrengung hatte Ottokar sich bisher tapfer gehalten, jetzt schien er zu Ende mit seiner Kraft, er schüttelte seinem Vetter kräftig und vielsagend die Hand und eilte hastig aus dem Gemache, während Herzog Heinrich laut aufschluchzend auf einen Stuhl sank — auch in seiner Brust tobte namenloses Weh über des Vetters und seiner Nichte Mißgeschick. Als Herzog Ottokar nun auf dem Wege zu seinen Gemächern hastig aus¬ schreitend in den großen Saal kam fand er daselbst den Landesmarschall Herwick und Herrn Gerung, die der Be¬ fehle ihres Herrn gewärtig waren. Er erwiderte ihre ehrfurchtsvollen Grüße Erkrankung an Aussatz, infolge Uebertragung, ein sehr seltener Fall. Daß am Hofe zu Sterr alles vermieden wurde, wo¬ durch die entsetzliche Krankheit des unglücklichen Fürsten weiterverbreitet werden konnte, ist selbstverständlich Kappler, in seinen Schilderungen aus „Holländisch¬ Gupana“ bezeichnet Seifen=Waschungen nach Berührung mit Aussatz-Kranken als wirksames Präservat gegen An¬ steckung, ja Aerzte der allerneuesten Zeit halten die Uebertragung des Aussatzes durch Berührung für aus¬ geschlossen. Der Aussatz ist in Europa heute noch weit verbreitet.
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