Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1915

richt dem gnädigen Herrn vermelden könnt, und ruf euch schon. — Einst¬ weilen haltet mir den dickköpfigen Ad¬ monter fest, Hellwig, und ihr, Weibs¬ leute, sorgt dafür, daß er an Essen und Trinken sich derweil die Zeit ver¬ treibt — Sankt Josef und Maria, was ist das wieder für eine Hiobspost!“ Und eiligst polterte der Torwart hin¬ aus, um Herrn Gerung aufzusuchen. Dieweil machte es sich der biedere Kuno aus Admont am Tische gemütlich und langte wacker zu. IV. Herr Gerung war nicht sonderlich erbaut davon, daß die Nachricht vom Tode der Herzogin=Mutter eben jetzt eintraf, wo der kränkliche Herzog durch die abgeschlossene Verlobung in so freu¬ dige Stimmung versetzt worden war, und teilte seinem Herrn die Trauer¬ botschaft deshalb erst am nächsten Mor¬ gen mit. Der Herr Herzog war gefaßter, als Herr Gerung erwartete. Der Admonter¬ bote Kuno wurde dorthin mit dem Auftrage zurückgesandt, daselbst dem Abte zu vermelden, daß der Herzog die irdischen Ueberreste seiner Mutter in ein bis zwei Wochen von Admont ab¬ holen wolle, und alles zur Ueberfüh¬ rung der Toten in die Karthause nach Seitz vorbereitet werden solle, welches Totengeleite nach Seitz er selbst zu tun gedenke. Der größte Teil des steirischen Adels wollte den Herzog auf dieser Reise be¬ gleiten. Die Stadt Steyr prangte schon am Tage, wo die Trauerbotschaft be¬ kannt wurde, im Trauerschmuck und der Herzog äußerte sich sehr befriedigt über die Teilnahme, welche die Bürger sei¬ ner Residenz an seinem Leid bezeigten. Meginhalm war bereits wieder auf der Reise nach Wien, Herzog Leopold VI. von Oesterreich den Todesfall im Hause der Traungauer zu vermelden, und brachte von dort eine Botschaft mit, die Herzog Ottokar nicht minder 11 in Aufregung versetzte, wie die Bür¬ ger von Steyr. Am Hofe der Babenberger zu Wien hatte die schwere Heimsuchung, die Ot¬ tokar getroffen, tiefes Mitleid erweckt und die Herzogin Helena') eine echte Tochter Ungarns, warmfühlend und rasch zu einer Tat entschlossen, hatte ihren Gemahl Leopold zu veranlassen gesucht, trotz der rauhen Jahreszeit dem Hofe in Stadt Steyr einen Besuch ab¬ zustatten, um persönlich dem Herzog Ottokar das tiefe Beileid zu bezeigen welches das Babenbergerische Regenten¬ haus für den Kummer des Freunde¬ und Blutsverwandten fühlte. Doch Herzog Leopold litt an der Gicht, auch waren gerade derzeit dringende Staatsgeschäfte zu erledigen und an ein Abkommen war daher für eine mehrwöchentliche Reise beim Her¬ zog nicht zu denken. Damit gab sich jedoch Agnes, die reizende Tochter des Herrscherpaares und nunmehrige Braut Herzog Ottokars von Steyr, nicht zufrieden. Auch sie hatte das lebhafte Temperament und die rasche Entschlossenheit ihrer hohen Mutter, und so schlug die Prinzessin ihren El¬ tern vor, sie selbst nach Steyr reisen zu lassen, und als Herzog Leopold finster die Brauen zusammenzog, ob des Töchterleins etwas eigenartigen Ent¬ schlusses, erklärte die Prinzessin, es sei ihre Pflicht als Braut, den Verlobten zu trösten, umsomehr, als dieser nun ganz allein in der Welt stünde und fremde Leute sein Leid gewiß nicht zu erfassen vermöchten. „Das wäre alles recht schön und mache dem Herten seines Töchterchen¬ alle Ehre,“ hatte Herzog Leopold er¬ widert, „aber es ginge doch nicht an. Selbst als die Herzogin Helena sich bereit erklärt hatte, Agnes zu beglei¬ ten, war Herzog Leopold nicht um¬ zustimmen gewesen. *) Helena, Tochter Geza II. von Ungarn, gestorben 25. Dezember 1199.

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