Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1915

„Wir haben euch gerufen, lieber Gerung,“ sagte Ottokar lächelnd, „um an euch ein paar Fragen zu tun. „Ihr habt zu befehlen, gnädiger Herr,“ sprach Herr Gerung und sah den Bruder an, als ob er von dem¬ selben eine Erklärung erwartete. „Ei, nicht so, lieber Gerung,“ meinte der Herzog lebhaft, „so war's nicht ge¬ meint. Es ist ja keine Landessache, um die ich fragen möchte.“ Durch ein leises Hüsteln, das sich einstellte, mußte der Herzog sich einen Augenblick unterbrechen, er fuhr aber gleich wieder fort: „Euer Bruder Meginhalm hat uns da soeben vom Hofe zu Wien und von unserer Braut erzählt — könnt euch's ja denken, daß uns alle die Leute gar lebhaft angehen, die in der Baben¬ bergerin Nähe leben dürfen, und was meint ihr wohl, lieber Gerung, wen nannte da unser junger Meginhalm einigemale?“ „Könnt es just nicht gleich erraten, gnädiger Herr,“ entgegnete Gerung lächelnd, „ist eben viel jünger, mein Herr Bruder, als ich und hat daher auch ganz andere Bekanntschaften als ich.“ „Nicht doch, Gerung, gar so unbe¬ kannt sind euch Meginhalms Freunde doch nicht,“ lächelte der Herzog, der sich augenscheinlich in froher Laune be¬ fand, was Herr Gerung mit Freude beobachtete, „erinnert ihr euch noch des Ritters von Weitenegg, der vor etlichen Jahren an unserem Hofe war? Ja? Nun erzählt uns da Meginhalm jetzt eben, daß unsere hohe Braut des Wei¬ teneggers Töchterlein, Mechthild, als Kammerfräulein mit nach Steyr bringen will. Nun sollte man vermeinen, daß so ein junges Blut, wie unser Megin¬ halm, darob große Freude empfände. daß wir an unserem Hofe endlich holde Frauen schalten sehen werden. Weit fehl, Freund Gerung, der Meginhalm ist gar nicht sonderlich erbaut, daß frohes Lachen und weibliches Geplauder in uns 7 rauhen Kriegern etwas mildere Saiten erklingen machen sollen, meint, das taugte nicht viel und man verweich¬ liche beim Minnespiel und Frauendienst. Ist das nicht gar sonderbarlich anzu¬ 77 hören? He, Alter? Herr Gerung verstand gar wohl, warum seinem Bruder die Anwesenheit der Weiteneggerin nicht ganz genehm war, da er aber nicht wußte, wie weit der Herzog in die Ursachen von Megin¬ halms Groll gegen das weibliche Ge¬ schlecht eingeweiht war, entgegnete er. auf den scherzhaften Ton des Herzoge eingehend: „Ei, gnädiger Herr, der Meginhalm ist's eben nicht gewohnt, im Minne¬ dienst holder Frauen seine Selbstherr¬ lichkeit aufzugeben — bei uns konnt er's wohl nicht erlernen bis jetzt, daß der Mann, der sich gar stolz den Herrn der Schöpfung nennt, doch nur nach der Peif' des schwachen Geschlechts zu tanzen bestimmt ist auf dieser Welt kannte bis hieher nur den Willen seines hohen Herrn und ab und zu den seinigen — wird bald anders wer 77 den, das „So ihr das nur auf Meginhalm bezieht, mit dem Anderswerden, so müs¬ sen wir euch dahin ergänzen, daß auch wir uns bewußt sind, daß eine Haus¬ frau eigentlich der Hausherr ist,“ sagte der Herzog lachend und dies Lachen war so herzlich, daß es die Züge des Sprechenden fast verklärte und schön er scheinen ließ. „Hab' das schon oft ge¬ sehen, daß der sich gerühmt, der Herr zu sein, dabei in Fesseln lag, die er nicht hört' und spürte, aber sie den¬ noch trug — sollte mich gar herzlich freuen, wenn die Weiteneggerin unseren grimmen Meginhalm zahm machte und würden gewiß nicht der letzte sein, der ihm einen glücklichen Eh'stand wünschte. Habt ihr noch keine Kunde, lieber Ge¬ rung, daß des Meginhalm schlechte Laune ob des Einzuges von zarten Frauen an unsern Hof nicht etwa daher stammt,

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