„sei er Herr und könne sein Haus nicht schädigen und dort sei er der Landes¬ fürst, der Oesterreichs Vorteil wahren müsse,“ und so ging es in einem Atem fort, vier Tage lang. Doch, Gott sei Dank, ist alles in schönster Ordnung der gnädige Herzog kann nun Hoch¬ zeit halten.“ „Hm,“ — räusperte sich Gerung da so eigentümlich, daß ihn sein Bruder überrascht ansah, aber der Kämmerer wußte so rasch seine soeben noch so eigen¬ tümliche Miene zu ändern, daß Me¬ ginhalm das „Hm“ nicht auf seine letzte Aeußerung beziehen zu können glaubte und in der Erzählung fort¬ fuhr. „Bruder, der Hof des Babenbergers ist wahrhaft prachtvoll, da sind wir hier in Steyr dagegen sehr einfache Leute. Ueberall Glanz und Pracht und kräftig pulsierendes Leben, dazu Waf¬ fengetümmel allüberall — ach, daß das zu Wien in der Stadt ist —“ „Und du hier in Steyr am ruhi¬ gen Fürstensitz der Traungauer*) bist; wie schade für die Lebenslust eines jungen Herrn,“ unterbrach ihn Gerung mit leisem Spott und lächelte fein. „Wir sind aus anderem Holze als wie die zu Wien, wir wollen das Unsere erhalten, die drunten das Ihrige ver¬ mehren, da geht's dort freilich etwas 74 bunter her „St. Georg, auch bei uns wird es lebhaft werden,“ fiel Meginhalm hastig ein, „laß du nur unsern Herzog kräf¬ tiger werden am Leib — die Seele hat Feuer genug, und in wenigen Jah¬ ren wird man Ottokars Namen unter die ersten Kriegshelden versetzen.“ „Und dann kommt deine und deinen Waffenbrüder goldene Zeit,“ lächelte Gerung in seiner ruhigen Weise. „Krieg und Not, das ist eins, wollen hof¬ fen, daß es ruhig bleibt in unseren Landen, wenn es auch da bei uns im Schlosse lebhafter werden könnte.“ *) Die steierischen Landesfürsten stammten aus den alten Traungau, daher sie oft die traungauischen Ottokare genannt wurden. 3 „Ach, wenn die Babenbergerin Ag¬ nes hier als Herrin einzieht, dann wirst du auch deine Altvatermiene ablegen müssen,“ scherzte Meginhalm, den Bru¬ der kräftig auf die Achsel klopfend. „Du, das ist ein Weib, wie ihr Vater an Geist und Seele, lebhaft, fröhlich und mit Herz und Gemüt begabt, die wir¬ belt euch Graubärte noch durcheinan¬ der, wirst sehen, daß ihr den Atem verliert. Und der weibliche Hofstaat, den sie mitbringen wird, ei, alle Wet¬ ter, da werden die Weiberfeinde schwere Zeiten haben. Gerung hatte mit gutmütigem Lächeln die Schilderung des frohen Hof¬ lebens angehört, wie es sich sein junger Bruder so schön ausmalte. Aber schnell legte sich seine Stirn in düstere Falten, und mit einem leisen Seufzer meinte er dann: „Schön wär's, wenn es so würde Meginhalm, wollen's aus ganzem Her¬ zen wünschen, daß der steirische Panther wieder zu Kraft kommt, und seine Pranken reckt. — Doch hast mir bis jetzt noch gar nicht erzählt davon, ob du zu Wien am Hofe nicht den Wei¬ tenegger*) mit Frau und Tochter ge¬ seh'n — leben ja dort, glaub ich, nicht?“ Meginhalm errötete leicht, fuhr sich mit der Hand in das blonde Haar und meinte kurz: „Geseh'n hab' ich die drei wohl, auch gesprochen, aber nicht viel mit ihnen verkehrt — sind sehr hoch dran.“ „Die Alten?“ fragte Gerung, seinen Bruder forschend ansehend. „Daß ich nicht wüßte! Der alte Weitenegger ist ein wackerer Kämpe, bieder und offen und ohne Stolz wie sein Ehegemahl, müßten sich gründlich geändert haben seit Jahr und Tag, und länger ist's *) Burg Weitenegg, am linken Donauufer, fast gegen über Melk. War im 14. Jahrhundert Sitz der Witwen der österreichischen Herzoge aus dem Hause Habsburg. Jetzt eine der großartigsten Burgruinen Niederösterreichs, leider total vernachlässigt. Für historische Bauten, wenn dieselben nicht Römersteine oder Avarenhügel sind, hat man in Oesterreich weder Sinn noch Geld. Das am Fuße der Burg Weitenegg befindliche Dertchen gleichen Namen¬ ist Dampfer= und Eisenbahnstation. 8*
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