Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1914

218 dürfte aber nach den erst zu pflegenden Berechnungen sich etwas niedriger stellen, erner jährlich 6000 Kr. als weitere Entschädigung, so daß die jährlich zu zahlende Summe zwischen 7000und 8000 Kronen, aber jedenfalls näher bei 8000 als bei 7000 Kr. liegt.Die Ulricher hätten es natürlich gerne ge¬ ehen, wenn wir auch diese 6000Kr. sofort zu zahlen begonnen hätten. Jetzt hat aber Steyr selbst noch nichts, daher wurde vereinbart, die jährliche Zah¬ lung dieser 6000 Kr. erst mit der Er¬ öffnung des fabriksmäßigen Betriebes in der neuen Waffenfabrik zu beginnen und gelte der Betrieb für eröffnet, sobald in derselben mindestens 1000 Ar¬ beiter beschäftigt sein werden. Die Vertreter von Steyr hätten versucht, das Möglichste zu erreichen. Es sei dies für sie schwer gewesen, denn die Ulricher seien auf dem Standpunkt gestanden, daß Steyr mit Gewißheit und der Ausdruck „mit Gewißheit“ sei über Gebühr betont worden) ein glän¬ zendes Geschäft mache. Referent glaube daß sich die Forderungen der Ulricher nicht weiter hätten herunterdrücken las¬ sen, auch wenn vielleicht gesprächsweise anderes verlaute. Er bitte daher, die Vereinbarungen zu genehmigen. Die Anträge wurden einstimmig an¬ genommen und zu ihrer Durchführung über Antrag des GR. Franz Hofer ein aus den Herren Bürgermeister Jul. Gschaider, V.=B. Fendt und den GR. Dr. Harant, Kirchberger, Erb und Dantlgraber bestehendes Komitee gewählt. Bürgermeister Gschaider gab der Hoffnung Ausdruck, daß nun auch noch die technischen Schwierigkeiten sowie die noch immer bestehenden Grundpreis¬ chwierigkeiten sich überwinden lassen. Wir werden trachten, alles zu tun, um dieAngelegenheit zu einem guten Ende zu ühren. Dienstag den 8. April fand eine Abschlußsitzung der Vertreter der Stadt¬ gemeinde Steyr und der Gemeinde St. Ulrich unter Teilnahme des Di¬ rektors der Bodenkreditanstalt, Doktor Widmer, statt, in welcher die ins Stadtgebiet einzuverleibenden Parzellen und die neuen Gemeindegrenzen fest¬ gelegt wurden. Das der Stadtgemeinde Steyr einzuverleibende Gebiet beträgt beiläufig 130 Joch = 76 Hektar. Am 30. April fand eine außeror¬ dentliche Sitzung des Gemeinderates tatt, welche sich mit der Waffenfa¬ briksfrage zu beschäftigen hatte. Nach Eröffnung derselben erklärte Herr V.=B. Fendt, daß in der vorhergegangenen Sektionssitzung Herr Bürgermeister J. Gschaider zum Referenten für die heutige Sitzung gewählt wurde, wes¬ halb er den Vorsitz übernommen habe. Er bittet daher den Herrn Bürgermei¬ ster, das Wort zu ergreifen. Herr Bürgermeister Gschaider ührt aus, er glaube nicht fehlzugehen, wenn er die heute stattfindende Sitzung als eine für die Geschicke derStadt Steyr außerordentlich wichtige bezeichne. Wenn die zu fassenden Beschlüsse in die Tat übersetzt werden können so wird die Waffenfabrik der Stadt Steyr erhalten bleiben und damit neues Le¬ benin Steyr einziehen. Wie allgemein bekannt sei, ist Ende Februar l. J. von seite der Waffen¬ abrik die Mitteilung gemacht worden, daß sie aus den bekannten Gründen be¬ absichtige, ihre Werke zu verlegen in¬ dem sie zugleich das Ansinnen stellte, in Steyr bauen zu wollen, falls ihr die Möglichkeit dazu geboten würde, onst werde sie ihre Werke nach Wien oder Niederösterreich verlegen. Pflicht der Stadtgemeindevorstehung und der mit den Unterhandlungen be¬ 8 trauten Herrn Gemeinderäte war es natürlich, in erster Linie dieses Unheil von Steyr abzuwenden. Zunächst kam hier die Inkorporierung der Gründe in Betracht, die der Waffenfabrik in Aussicht gestellt waren, nachdemdie¬ elben icht im Stadtgebiete Steyr, on¬ dern in St. Ulrich gelegen sind. Die Verhandlungen, welche in dieser Be¬ 2 ziehung geführt wurden, seien bekannt, ebenso das Uebereinkommen mit St. Ulrich, worüber auch die Zustimmung des Landesausschusses eingelangt ist. So weit der erste Teil dieser Angelegen¬ heit. Der zweite Teil beziehe sich auf die Unterhandlungen mit der Waffenfabrik selbst. Er habe, so weit als möglich war, die Herren Gemeinderäte, welche zu den Verhandlungen mit St. Ulrich ge¬ wählt wurden, das sind die Herren V.=B. Fendt, GR. Erb, Dr. Ha¬ rant, Kirchberger und Dantl¬ graber, zu diesen Verhandlungen her¬ angezogen. Sofort nach den ersten Be¬ prechungen sei es klar gewesen, daß die Stadt Steyr zur Erhaltung der Waf¬ enfabrik bedeutende Opfer bringen müsse und war es Sache der Unter¬ händler, diese Opfer auf ein Mindest¬ maß zu beschränken. Die Angelegenheit stand bis vor kurzem noch sehr in Frage und die Un¬

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