Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1914

126 desgerichtspräsident Doktor Weigl von dem Oberlandesgerichts¬ präsidenten v. Fürstenberg den No¬ tabilitäten im hiesigen Rathaussaale vorgestellt und mit passenden Reden in sein Amt eingeführt. Er blieb auch schon hier und arbeitet zur Einleitung der Amtsübergaben einstweilen im Rat¬ hause. Es war ein Winter, wie schon seit vielen Jahren keiner. Vom 24. No¬ vember angefangen dauerte die Schlit¬ tenbahn, mit Ausnahme nur weniger Tage in jedem Monate, fast bis Ende März. Am 1. Mai wurden endlich die po¬ litischen Akten (nämlich bloß die kurrenten Konskriptions=Militär= dann Gewerbeakten) der k. k. Bezirks¬ hauptmannschaft zur Amtierung übergeben. Am 4. wurde von einer, aus dem Herrn Bezirkshauptmann, Bezirkskom¬ missär, Kreisingenieur, Gemeinderate, dem angelangten und hier stationiert bleibenden k. k. Gendarmerierittmeister v. Brandenstein und dem magi¬ r stratlichen Distrikts=Aktuar das städtische Neutorgebäude an der oberen Ennsbrücke zur Gendarmerie=Ka¬ serne auserwählt, welche auf Kosten der Landeskonkurrenz im Innern um¬ gebaut wird. Am 24. haben die hiesigen be¬ treffenden Professionisten den Umbau des Klosters Garsten zu einem Provinzial=Strafhause im Ak¬ kordwege übernommen. Die ganze Bau¬ summe beträgt vorderhand 83.000 fl. C.=M.; am 27. kam die Landesbaukom¬ mission dahin, und an den nächsten Tagen wurde auch schon der Bau be¬ gonnen. Am 28. war beim Magistrate die Uebergabe der Justizakten an das Im neue k. k. Bezirksgericht. — Juni amtiert das Bezirksgericht bereits und das höhere Justiz= und Kriminal¬ 2 fach führt noch der Magistrat, dem Landesgerichtsräte und 2 Assessoren als Supplenten beigegeben sind. Die Kri¬ minalinquisiten sind bereits vom gan¬ zen Landesgerichtsbezirke hier. Am 1. Juli war die feierliche Ein¬ führung des k. k. Landesgerich¬ tes durch Gottesdienst unter Paradie¬ rung der Bürgerwache und Kanonendon¬ ner, dann der Einzug in das Er¬ jesuitengebäude, wo von dem Präsidenten und dem Staatsanwalte passende Einführungsreden gehalten wurden. Die Kosten der Adaptierung des Exjesuitengebäudes für das k. k. Lan¬ desgericht, die k. k. Staatsanwaltschaft und das k. k. Bezirksgericht wurden von der Stadt freiwillig getragen und be¬ trugen über 8600 fl. C.=M. Ueberdies soll die Stadt noch die erforderlichen Arreste bauen. Der hiesige Gemeinderat, der mit dem alten Justiz=Bürgermeister Se¬ bastian Haidinger an der Spitze im Ok¬ tober 1848 bloß auf ein Jahr gewählt worden ist, wird nun von der radi¬ kalen Partei seit dem Oktober 1849 als ungesetzlich angesehen, und es sind auch seitdem die radikalen Mitglieder und auch andere nach und nach von demselben ausgeblieben, so daß nur mehr etwa die Hälfte der Mitglieder, 12 bis 16, regelmäßig an den Sitzungen teil¬ nehmen. Von Seite der radikalen Partei er¬ folgen nun in den öffentlichen Wie¬ ner und Linzer Blättern immer hef¬ tigere und mitunter wahrhaft schänd¬ liche Angriffe auf den Gemeinderat, wo er offen der Kriecherei gegen die Behör¬ den, der unterlassenen Rechnungslegung u. dgl. beschuldigt und als ganz unge¬ setzlich bestehend und daher ungiltig er¬ klärt wird. Doch wird natürlich von den Be¬ hörden der Gemeinderat als die ge¬ setzliche Stadtbehörde angesehen und ver¬ teidigt. Als dessen Hauptfaktoren sind zu nennen: Anton Haller, Lebzelter der Referent in Polizei=, Markt=, Kons¬ kription= und Militärangelegenheiten;

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