Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1914

110 ohne Wohlgefallen den jungen Kreuz¬ ritter betrachtend: frei herausreden, „Wollet nur Herr von Polheim — so euer Vorschlag annehmbar ist, ist er genehmigt also?“ Damit war ja alles entschieden und nicht ohne innere Beängstigung hörte Frau Ulrike den jungen Polheim an, der hastig ausführte, wie ja die edle Frau Ulrike ohnehin alles geregelt habe, indem sie sich zur Abtre¬ tung des strittigen Lärchenwäldchens na¬ mens der Sarninger an das Kloster Garsten bereit erklärte, falls gegen ihren Ehegemahl entschieden würde; so eine Art „Sühne“, nicht verletzend für beide streitende Teile, eine „ritterliche Sühne, wolle er gern für Herrn Ku¬ nibert von Sarning, der ja nicht an dem Kreuzzuge, zu seinem Bedauern, teilnehmen könne, leisten. „Die hochwürdigen Mönche von Garsten betrachteten das abgebrannte Lärchenwäldchen als so ein klein Stück vom heiligen Lande“, schloß Herr Kun¬ rat seine Rede, „es kam ihnen vor, wie ein Wald aus Cedern vom Libanon und die Erinnerungen aus der heil. Schrift tauchten, verweilten sie darin, in ihnen auf. Das Lärchenwäld¬ chen wird wieder erstehen und die Arche Noah — diese Arche soll aber in Hin¬ kunft neben einer wirklichen Ce¬ der vom Libanon stehen und diese Ceder will ich selber für Gar¬ sten aus dem Libanon holen und selber hier im Lärchen¬ wäldchen in Garsten pflanzen, zum Zeichen, daß aus dem hl. Lande der Friede des Herrn in unsere Heimat übergegan¬ gen ist und ritterlich gebotene Sühne verstanden und ehrlich gewürdigt würde, ohne auch nur irgend wen von uns — ich kränken, oder gar zu demütigen bitte den hochwürdigsten Herrn Abt von Garsten, ich bitte die edle Frau Ulrike von Sarning und ich wage es, den gnä¬ digsten Herrn Markgrafen um gütigen Bescheid ob meinem Vorschlage ehrer¬ bietig zu bitten!“ Wohl nie bisher war vom Gau¬ gerichte eine Rede mit solch stetig wach¬ sender Aufmerksamkeit angehört worden, als jene des jungen Polheimers, dessen Worte, trotz aller Bescheidenheit, doch in herrlicher Beredsamkeit den Weg zu aller Herzen fanden und vor allem nicht nur verstanden, sondern auch tiefst emp¬ funden wurden und ein Beifall brauste durch den Klosterhof, unbekümmert um den hohen Richter und die edelen, hoch¬ mögenden Herren. Wieder schlugen die Waffen aufeinander zum Zeichen der Zustimmung zu den gehörten Worten und die Frauen und Mädchen, welche den ritterlichen Sinn und die selbst¬ lose Hingabe des jungen Polheimers recht wohl erfaßten, winkten ihm mit Händen, mit Tüchern, mit allem, was sie in den Händen hatten, ihren Bei¬ fall zu und sein Antrag war, aus sich selber heraus, angenommen, ehe das Gaugericht und die streitenden Teile sich zu einem Entschlusse bereden konnten. Frau Ulrike schien es, wollte ihrem zukünftigen Eidam förmlich bewundernd um den Hals fallen, so sich das aber, trotz aller Gemütserregung, für eine so hohe und edle Dame denn doch nicht ziemte, reichte sie ihm die Hände und sagte bewegt: „Herr von Polheim, unser aller¬ —“ der besten Dank — vielen Dank Abt von Garsten aber, der keine Hand des Polheimers frei fand, zum drücken dieweil der junge Rittersmann doch mit beiden Händen der edlen Frau Ulrike weiße Hände nehmen und dankbarst für die anerkennenden Worte, so ihm die edle Frau mehr zollen wollte, als ge¬ zollt hatte, an seine Lippen führen mußte, legte streichelnd seine Rechte auf des jungen Polheimers Schulter und meinte nur: „Herr Ritter, Gott lohn' euch diese schöne Tat und lasse sie euch aus¬ führen!“

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