Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1914

zu sein, auch einige Opfer bringen müsse und daher, namens ihres Gemahls und ihres eigenen Namens, für die Namen ihrer Erben auch, auf den Besitz dieses Wäldchens für immerwährende Zeiten verzichte und ihre Tochter Irmgardis als dereinstige Erbin des Vermögens und des Grundbesitzes derer von Sar¬ ning, sich verpflichte, das Lärchenwäld¬ chen im ehemaligen Zustande herzustel¬ len und daß die edle Familie derer von Sarning bitte, der Herr Markgraf wolle gnädigst über die so endgültig geregelten Besitzverhältnisse urkundlich einen gnädigen Beschluß fassen und bei¬ den Parteien diesen Beschluß in beglau¬ higter Abschrift einhändigen lassen. Zu einer „Sühne“ könne sie sich jedoch nicht bereit erklären, denn ihr Herr Gemahl, der edle Herr Kunibert von Sarning, habe ja doch nur „im guten Glauben“ gehandelt für sein beanspruchtes Eigen¬ tum, des sei denn, daß sich jemand fände, welcher die Eigentumsrechte des Klosters Garsten, als vollbürtiger Ed¬ ler des Landes, anerkenne und die „Sühne“ für sich und die Sarninger, als seine Standesgenossen, aus eigenem Antriebe leiste —da wollten die Sar¬ ninger sich einer solchen, ihrer Ehre und ihrem Stande angemessenen, sie in kei¬ ner Weise verletzenden „Sühne", als so einer Art ritterlichen Entschädigung im Falle sie Unrecht hätten vor dem Gaugericht, gern und freudig zustim¬ men, um die bis zur Unleidlichkeit ge¬ dieheneAngelegenheit aus der Welt zu schaffen.“ Der Markgraf hatte dem ersten Teil der in wohlgesetzten Worten ge¬ haltenen Rede der edlen Frau Ulrike sogleich zugestimmt, minder entzückte ihn der Vorbehalt, den Frau Ulrike machte und er erkannte in den allseits be¬ kannt hohen Geisteseigenschaften bereit¬ willig auch das Bestreben der edlen Frau Ulrike, ihrem etwas allzu lebhaften Ge¬ mahl nicht zu schaden und dem Wohl¬ klang des Namens derer von Sarning keinen Abbruch zu tun. 109 Er bewunderte Frau Ulrike ehrlich als Mensch und Mann, allein als Lan¬ desherr, der soeben im Begriffe war auf ein kriegerisches Abenteuer auszu¬ ziehen, von dem er nicht wissen konnte, wie es endigen würde, war er von der „Sühne“ der Sarningerin nicht sehr erbaut und wollte eben eine, vielleicht etwas heftig dann ausfallende Antwort geben, als nach den Worten der edlen Frau, die mit aller geziemenden Ehr¬ furcht vor ihrem Landesherrn, aber festen Tones geendigt hatte, raschen Schrittes ein junger Mann aus dem fast atemlos lauschenden Kreis der Menge heraustrat, in tadelloser Weise vor dem Markgrafen und Frau Ulrike sich ver¬ neigte und ruhig sagte: „Gnädigster Herr Markgraf —die edle Frau Ulrike von Sarning, die ich hoch verehre, hat verlangt, daß ein Ade¬ liger, aus eigenem Antriebe, für das alte, ehrwürdige Haus Sarning eine „Sühne“ leiste, ohne, fast wollt ich sagen, wirklich eine solche zu sein—ich erbiete mich dazu, dem Wunsche der wohledlen Frau Ulrike zu entsprechen.“ Allgemein war das Erstaunen über diese Worte des jungen Mannes und selbst Frau Ulrike betrachtete ihren ge¬ wesenen Eidam mit ebensoviel Ueber¬ raschung als Wohlgefallen, hatte sie doch selber den Bund zwischen ihrer Tochter Irmgardis und Herrn Kunrat von Pol¬ heim nicht ungern gesehen, und so, wie es eben allzeit für das Wohl ihrer Töchter besorgte Mütter tun, schließen helfen, aber, was wollte er da tun Wenn er eine Unklugheit beging, war alles vorbei und nebst Spott und Hohn von der großen Menge, waren die edlen Häuser derer von Sarning und Polheim wohl für immer entzweit und Irmgardis und Kunrat konnten nie ein Paar werden. Aber noch ehe Frau Ul¬ rike auch nur dazukam, zu fragen, um was es sich bei dem Anerbieten Herrn Kunrats von Polheim handeln mochte, meinte schon der Herr Markgraf, nicht

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