blieb. Er sah sich vorsichtig und wohl auch etwas scheu um, ob er auch allein sei, dann eilte er raschen Schrittes in den Klosterhof hinein, der jetzt men¬ schenleer war. In der Mitte des Hofes stand eine große Linde, die mit ihrem wohl viele Jahrhunderte alten, riesig umfangreichen Stamm, den Stürmen der Zeit trotzend, hoch über die nicht viel mehr als ebenerdigen Gebäude des Klo¬ sters hinausragte. Gedeckt durch diesen Riesenstamm und einiges um denselben wucherndes Gestrüpp, stand ein junges kerniges, hübsches Mädchen, der guten Kleidung nach zu urteilen die Tochter eines Parschalks,?) selbständig aussehend und doch das Bild einer züchtigen Jung¬ frau, die, entschlossen und doch zaghaft ob des ungewohnten Schrittes, den sie hier tat, wohl auch das Ungehörige fühlend, allein auf einen jungen Mann Der zu warten, ein wenig zitterte. junge Mann, den seine Kleidung als einen Knappen kennzeichnete und dessen Wams das Wappen der Polheims auf¬ genäht zeigte, eilte hastig auf die er¬ rötende Jungfrau zu, die ihm die Hand entgegenreichend, in die er freudigst ein¬ schlug, sanft hinter den der Kirche zu¬ gekehrten Teil des Stammes der Linde zog und hastig sagte „Kurt — so ist es dein voller Ernst, jetzt das Kreuz zu nehmen?“ „Wohl, wohl, liebe Elikke,“ erwi¬ derte der junge Mann und sein hübsches Gesicht war nicht minder rot gefärbt vor innerer Erregung, wie das Antlitz des Mädchens, „es muß sein! Mein Herr wird Kreuzritter und dem Knap¬ pen ziemt es, das Schicksal seines Ge¬ bieters zu teilen, ich sehe dich wohl lange nimmer, meine liebe Elikke, aber über Jahr und Tag, hoffe ich zu Gott, wieder hier sein zu können.“ „Mein Gott, was soll daraus wer¬ den?“ fragte das Mädchen mit kaum unterdrücktem Schluchzen und sah den *) Freie Landbauern, die im Dienste der Markgrafen standen und hie und da angesiedelt waren. Die Parschal¬ lingerleiten bei Sierning erinnert in ihrem Namen noch an diese Art von Untertanen jener Zeit. 103 jungen Mann besorgt und ängstlich an, „du gehst in wilder Menschen Land wenn du mir nicht mehr heimkehrst was soll aus mir denn werden? Der Vater ist schon lange tot und die Mutter braucht meine Stütze — bleib und trachte frei zu werden, ich bitte dich auch im Namen meiner Mutter, noch kannst du es ändern, Kurt, dein Herr ist ein guter Mensch, er wird auf deine Dienste ver¬ zichten, wenn du ihm sagst, daß du hier ebenso notwendig bist als Ernährer, wie drüben im heiligen Land als Streiter und Diener — Kurt, Kurt, folge mir und meiner Mutter, — ich bitte dich inständig darum Und das Mädchen warf sich laut aufschluchzend an seine Brust und ver¬ barg ihr erglühendes Antlitz an seinem Wams. Der junge Mann streichelte sanft das reiche Blondhaar des Mäd¬ chens und sagte ruhig, aber entschieden im Ton: „Ei, deswegen gehe ich ja nach dem heil. Lande, weil ich dich heiraten und als deiner Mutter Eidam euer Schützer und Schirmer werden will. Könnt ich das sonst — ich der Sohn eines Leib¬ eigenen, selber ein Leibeigener, wenn nun auch als Knappe dies wenig fühl¬ bar ist, aber doch ein Unfreier. Nehme ich das Kreuz,*) bin ich frei, dir eben¬ bürtig, kann offen um dich werben und Grund und Boden als eigen dann er¬ werben — sieh! Gott meint es gut mit uns — und weist uns den Weg, der uns zum ersehnten Ziele führt!“ „Hm, ja,“ murmelte das Mädchen zagend, aber doch mit etwas Hoff¬ nungsfreude zu ihm aufblickend, „das wär' so schön — aber, wenn du im heil. Land dein Leben läßt, oder in Gefangenschaft gerätst, wer wird mir auch nur Kunde geben von solch über¬ großem Leid, das ich sicher nicht lang ertragen könnt?“ *) Der Unfreie wurde frei, nahm er das Kreuz. Auch sonst hatten die Kreuzesstreiter viele Vorteile zu erwarten in Bezug auf ihren Stand. Selbst Verbrechen konnten als gesühnt, oder doch vergessen, betrachtet werden durch den Eintritt in das Kreuzheer. Die Anteilnahme an dem hl Kampf tilgte die Schuld aus.
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