Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1914

102 wie ein Heiligtum daraus und ich hab das Nachsehen. Will ich daraus nur einen Span haben, eine Feder von einem Vogel, oder ein einziges Haar einer Wildkatze, muß ich in Garsten an¬ fragen, ich, der Vogt von Garsten, der immer mit dem Schwerte in der Hand bereit sein muß, das Kloster zu schir¬ men. Gottes Blitz, die Rolle so eines Namensvögtchens hab' ich gründlichst satt der Wald gehört mir und zum Be¬ weis dessen hab' ich ihn niedergebrannt und damit: hollah!“ Und der Herr von Sarning stieß zornig das Schwert in den Boden und seine von buschigen Brauen beschatte¬ ten Augen schossen förmlich Blitze dar unter hervor und seinen mächtigen Körper schüttelte es vor Erregung. „Ja, doch, alles gut,“ nickte der Herr von Schachen, ohne sich um den zu Zorn des Sarningers sonderlich kümmern, „ob alles auch recht ist vor euch, mag der Herr Markgraf entschei¬ den; wird wohl Recht und Unrecht so in der Mitte liegen für beide Teile und ließ sich alles wohl ordnen, be¬ ihr denket dies wohl! Und dann wollt das Kreuz nehmen, ruhn dann alle Fehden, bis ihr heimkehrt und kehrt ihr nicht heim, was der Himmel verhüten wolle, erbt eure lieb Ehegemahl Ulrike — Streit und euere Hab und Gut und wackere Tochter Irmgardis, mein lieb Patenkind, wird vor euerem Zug ins gelobte Land keine Verlobung feiern so ihr in Unfried und Hader scheidet von daheim und Ordnung sollen wir machen in allem daheim, eh wir Gott zu Preis und dem Traungau zu Ehr' das Kreuz nehmen, so will es unser gnädigster Herr. Wollt doch das noch bedenken und erwägen, Herr von Sarning, bis nach dem Kreuzamt ist noch Zeit genug! „Dank euch für den wohlgemeinten Rat, Herr von Schachen,“ erwiderte der Sarninger rauh, „will nachher bein Gaugericht zusehen, ob die Garstener mit mir Frieden halten wollen oder nicht, und wie das sich anhören wird, aber edler Herr von Schachen, das kann ich euch verraten, meine Irmgardis mag sich das doch wohl vergehen lassen, Pol¬ heimerin zu werden! Der junge Fant hat sich vorhin ermessen, den Garste¬ nern recht zu geben, des Wäldchens hier wegen, mir ins Gesicht noch dazu, wohl verstanden, mein Herr von Schachen! Am Herritt nannt der naseweise Jung das eine Gewalttat von mir, er, mein versprochener Eidam! Aus ist's mit der Heirat, einen Feind im Haus kann ich nicht brauchen als Schwiegersohn! So, Da also auch die Sach' ist erledigt! kommt der Herr Markgraf! Ottokar kam, nur von einigen Her¬ ren seiner allernächsten Umgebung beglei¬ tet, dahergeritten. Er trug ein Ketten panzerhemd und darüber einen weißen, grün eingesäumten Waffenrock, worau auf der Brust der Panther, das Wap¬ pentier der traungauischen Markgrafen gar fein und künstlich eingestickt war heutzutage soge Auch er trug den — Topfhelm, oben geschmückt nannten— mit einem zackigen, goldenen Krönlein aus welchem einige prächtige Reiher¬ federn aufragten und sich gegenseitig zu¬ zunicken schienen bei jedem Schritt des starken und doch zierlich gebauten Rot¬ fuchses, den der Markgraf ritt, der den ehrerbietigen Gruß seiner edlen Herren mit leichtem Nicken des Hauptes erwi¬ derte, dann das Wäldchen im Galopp umritt, ohne auch nur ein Wort zu sprechen und seinen Ritt bis zum Kir chentor fortsetzte, wo er vom Pferde stieg und mit etwas düsterer Miene in das Gotteshaus trat, wo er vom Abte das Weihwasser nahm und rasch zu sei¬ nem Kirchensitze schritt. III. Von den letzten Männern des Ge¬ folges, das hinter dem Markgrafen in die Kirche schritt, hielt ein junger Mann vor dem Kirchentore langsam zurück so, daß er bald der letzte desselben war, und sich etwas scheu hinter einen Eingangspfeiler drückend, allein zurück¬

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