II. — Am anderen Tage es war der Gründonnerstag des Jahres 1147 n. Chr. — strömte schon zeitlich früh viel Volk nach Garsten. Es war ein kühler, nicht sonderlich heller Morgen, der aber einen sehr schönen Frühlingstag ver¬ sprach und dieses ruhig=düstere Wetter schien wie geschaffen zu der erhabenen Feierlichkeit, welche in den etwas dü¬ steren Räumen der Garstener Stifts¬ kirche sich abspielen sollte, die für gar viele den Abschied bedeutete von Weib und Kind, von der Heimat und die Erinnerungen an die Vergangenheit, einen Abschied vielleicht auf Nimmerwie¬ dersehn, denn heute nahmen sie das Kreuz, die wackeren Recken aus dem Traungau und höher klopften die Her¬ zen vieler Hunderte von Menschen, die den das Licht der Sonne verheißenden Morgen als gutes Vorzeichen für das Gelingen der guten, heiligen Sache be¬ grüßten. Die Garstener Klosterkirche war gar bald von Andächtigen gefüllt und die Kämmerer hatten genug zu tun, allen die Plätze anzuweisen, die ihnen nach ihrem Range und ihrer Dienststellung zukamen und die blitzenden Rüstungen, die meist prächtig gearbeiteten Waffen, die bunten Farben der Waffenröcke der Männer und die leuchtenden, mannigfach in sich verwobenen Farben der Klei¬ der, welche die Frauen und Mädchen trugen, boten ein gar lebhaftes, das Auge erfreuendes Bild, im Gegensatze zu dem Trauerschmucke der Kirche, die im düsteren Violett sich gar streng davon abhob und so die beginnende Trauer um den Tod des Herrn, still, aber desto eindringlicher, verkündete. Die vollständige Verwüstung des Lärchenwäldchens vor dem Kloster er¬ regte, besonders im Volke, große Ent¬ rüstung und scharenweise blieben die Leute stehen, besahen sich den Schaden, schüttelten gar mißbilligend die Köpfe und gar mancher ballte die Faust im 101 Sacke über den Uebermut der großen Herren, dder kaum zu hemmen war, aber auch gar mancher von den Adeligen am Hofe zu Steyr, der hier sich nach dem Geschehnis erkundigte, gab seiner Entrüstung in oft nicht sehr wohlwollen¬ den Worten Ausdruck und auch diesen edlen Herren war das rohe, vom Hoch¬ mutsteufel veranlaßte Auftreten ihres Standesgenossen nicht sehr angenehm, wenn sie es auch, ganz im Stillen nur, dem „verhätschelten“ Kloster Garsten ein wenig vergönnten, einen „Dämpfer“ erhalten zu haben — eine Krähe hackte ja auch damals der anderen kein Auge aus und heute ist das gar nicht an¬ ders, wer die Macht hat, tut was er will, um Recht und Gesetz hat sich ein Machthaber nie gekümmert. An der noch rauchenden Stätte, wo das Lärchenwäldchen gestanden hatte, er¬ warteten die edlen Herren vom Hofe Ottokars ihren jungen Gebieter. Der edle Herr von Schachen sprach lebhaft auf einen Ritter ein, der ganz in sil¬ berschimmerndem Kettenpanzer gehüllt, trotzig vor ihm stand, mit dem linken Ellbogen auf den Knauf des mit der Spitze im Boden ruhenden Schwertes gestützt und mit der gepanzerten Rech¬ ten sich ab und zu den buschigen, roten, schon stark verblassenden Schnurrbart streichend. „Macht Ordnung mit dem Kloster Garsten, Herr von Sarning,“ schloß der von Schachen eine längere, eindring¬ liche Rede an den trutzigen Ritter, „un¬ ser gnädigster Herr will es haben vor dem Hochamt soll alles geordnet ein. „Ordnung machen,“ erwiderte der Sarninger höhnisch, „bin ich Kloster¬ vogt von Garsten oder nicht? Wenn er deutete gegen ja, hab ich da — das Kloster hin — was drein zu reden — der Lär¬ oder nicht? Und dann chenwald gehört mir, ist alter Sarnin¬ gerboden; da kommen die frommen Her¬ ren ganz plötzlich daher und machen ihn zu ihrem Grund und so was
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