bitten dürfte um gnädigen Bescheid: wann darf ich meine Sache vorbringen?“ Der Abt sah mit nicht mißzuver¬ stehendem Blick gegen die Burg hin, deren Hauptgebäude über der Steyr sich erhob und worinnen der Rittersaal war, in welchem der Markgraf, so wie schon sein Vater, gern die Bitten seiner Un¬ tertanen anhörte. Ottokar bemerkte die¬ sen Blick, verstand ihn gleich und die Hand des Abtes noch festhaltend, meinte er lächelnd „O, euere Rede müssen wir ja durchaus nicht in der Burg drüben an¬ hören, der Hofkaplan zu Steyr*) hat das Recht, seinem Markgrafen zu berich¬ ten, wo es sich eben trifft. Hier in dieser Halle wird uns niemand zu stören wagen — wollt doch Platz nehmen, Herr Abt. Der Markgraf wies auf eine Stein¬ bank in einer Nische, der Abt verbeugte sich dankend, und setzte sich, sein Be¬ gleiter blieb neben ihm ehrfurchtsvoll stehen, der Markgraf setzte sich auf das Bänkchen in der Nische gegenüber, Herr Albrecht stand ihm zur Seite, wie dem Abte der Mönch und Ottokars Hand¬ bewegung gebot nun dem Garstener zu sprechen. Der Abt holte tief Atem und strich sich leicht über die faltige Stärn wie man tut, mangelt das richtige Wort zur richtigen Zeit und sammelt das Ge¬ hirn seine Gedanken zum Ausdruck durch die Sprache. Endlich begann er zu reden, erst etwas zaghaft, erregt, dann ruhi¬ ger, aber fest im Ton werdend „Ich bitte mich nicht mißzuverstehen, gnädigster Herr, es soll keine Anklage sein, was ich mir zu sagen erlaube, nur Schutz und Abhilfe bittend, bin ich —“ und als der Markgraf etwas hier ungeduldig nickte, fuhr der Abt von Garsten fort: „Ihr kennt doch wohl das kleine Lärchenwäldchen vor unserem Kloster in *) Die Aebte von Garsten waren Erb=Hofkaplan am Hofe der traungauischen Ottokare zu Stadt Sterr. 99 Garsten, gnädigster Herr, links, neben der Straße, vor dem Klostereingang?“ Der Markgraf nickte zustimmend. „So 150—200 alte Stämme, sagte er, „schöne Bäume, wohl der Ueberrest vom Wald, der an der Stelle des heutigen Klosters sich befand, wie?“ ein „So ist es, gnädigster Herr Andenken war es für uns, an die Mühen und die Plage unserer Brüder, die den Urwald dort rodeten und aus der Wildnis blühendes Ackerland schufen und dort Gebäude errichteten, wo des Jägers rauher Tritt den Bären und die Wildkatze aufscheuchte. Der nun auch, so wie der selige Abt Berthold in Gott ruhende Bruder Firmian hatte dort mitten im Wäldchen, aus Felsgestein einen kleinen Berg errichtet und darauf stand, gar kunstvoll geschnitzt, die Arche Noahs, zum Andenken, daß am Gipfel der Berge des Libanon**) nach den ver¬ laufenen Wassern der Sintflut die Arche stehen blieb, deren von Gott gesegneter Inhalt die Erde neu bevölkerte. Wohl nur eine Spielerei, mögt ihr denken, gnädigster Herr, ja, doch, aber eine fromme, eine auferbauliche Spielerei, die an die Worte der Bibel mahnte und, umrahmt von den Lärchen, die wie die Cedern des Libanons““ stolz und gewaltig, himmelanstrebend aufragten, ein Bild im Kleinen bot aus dem gelobten Lande, wohin eueren Fuß ein gütiges Geschick siegreich demnächst lenken wolle und von welcher Stelle, *) Dielleicht dort gelegen, wo heute das Stations¬ gebäude in Garsten ist. Die Klosteranlagen der Benedik¬ tiner sind im Grundrisse alle gleich. **) Der Name des Berggipfels, wo die Arche Noahs landete, wird im Orient verschieden angegeben und um den Ort zu streiten, ist wohl eine müssige Sache, die den Juden, Spriern, Armeniern 2c. überlassen werden kann. ***) Ceder (Cedrus, Jeder) Gattung der Koniferen, immergrün, lärchenbaumähnlich, mit nadelförmigen Blät¬ tern. Die Libanonceder wird 40 Meter hoch und bilde im Kilikischen Taurus zwischen 1500 und 2100 Meter Höhe große Wälder, wächst auf der Insel Cppern, in Frankreich, in England und am Rhein, braucht aber einen geschützten Standort und im Winter Bedeckung. Auf dem Libanon besteht der heilige, uralte Salamons hain nur noch aus etwa 400 Stämmen, von denen 1. etwa 11 Meter Umfang und ein Alter von 2000 bis 3000 Jahren haben, also zur Zeit Christi schon sehr groß waren Das Holz der Ceder wurde vielfach verarbeitet, aus dem Bolze auch das Cederöl, gewonnen. Bisweilen schwitzer die Blätter einen mannaartigen, süßen Stoff aus, das Cedermanna. 1
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