Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1914

98 zehnfachen Zeit geglückt zustande zu brin¬ gen und da nur recht und schlecht seid bedankt, Herr Albrecht, für eure vielen Mühen, wir wollen nur hoffen, daß euere Fürsorge im gelobten Lande guten Lohn sich erwerben wird, all¬ hier und einst da oben!“ Und der Markgraf deutete gegen den Himmel hinauf und sein schönes Antlitz überflog so etwas wie Sorge und Bangigkeit. „Ei, mein gnädigster Herr, der Dank, wenn ich einen solchen überhaupt verdient habe, von da oben, hat hof¬ fentlich noch recht lange Zeit, mir ge¬ nügt einstweilen der irdische Lohn sei¬ tens meines gnädigsten Herrn vollkom¬ men,“ erwiderte der von Schachen scher¬ zend und verneigte sich ehrerbietig vor seinem Herrn, wobei er sein, mit einigen schlichten Eulenfedern geschmücktes, ziem¬ * lich abgegriffenes Barett ein wenig auf¬ tete, „wir wollen nur sehen, ob die edlen Herren von draußen aus dem Reiche auch ihre Schuldigkeit getan haben im Zurüsten, dann ist mir für den Aus¬ gang unseres Kreuzzuges nicht bange und Kaiser Konrads starker Arm und weise Führung werden gewiß das übrige — tun zum Gelingen des gottgefalligen Werkes — wir von Steyr werden uns gewiß nicht spotten lassen im Kampfe, ist nicht unsere Art, das. „Nein, sicher nicht“ stimmte der Markgraf lachend zu, denn die zuver¬ 1 sichtliche Sprache Albrechts von Sya¬ chen hatte auch bei ihm die gewiß be¬ rechtigten Besorgnisse zerstreut, welche er, der ritterliche, aber doch noch sehr unerfahrene Kämpe im Stillen gehegt hatte, „die Traungauerleute führen scharfe Klingen — seht, da kommt der hochwürdigste Herr Abt von Garsten,") gerade wie gerufen, haben gar man¬ ches mit ihm zu besprechen.“ Und der Markgraf deuteteauf die Brücke über den Zwinger hin, über *) Abt Berthold II. von Garsten (vom Jahre 1142— 1151 oder 1155) war der Nachfolger des ersten Abtes von Garsten, Berthold I., welch letzterer heilig gesprochen wurde und in der Kirche zu Garsten ruht. welche zwei Mönche ziemlich rasch her¬ überschritten, trotz des hohen Alters des rechts Gehenden, dessen langer, weißer Bart und spärliches weißes Haargelock am Haupte den Mann von hohen Jah¬ ren verrieten. „Hm,“ machte es der edle Herr von Schachen, die Näherkommenden scharf musternd, „kommt wirklich wie gerufen, der Herr Abt, scheint aber andere Dinge auf dem Herzen zu haben, als ein seht nur Kreuzzug*) mit sich bringt die Hast und die Aufregung der Bei¬ den, mein hoher Herr, fürchte nur, in Garsten hat es wieder einen bösen Han¬ del gegeben. Der Markgraf nickte nur zustimmend und schritt den beiden Mönchen hastig entgegen. In der Halle vor der Brücke traf er mit denselben zusammen, reichte dem Abte die Hand und sagte freund¬ lich: „Warum so aufgeregt, Herr Abt Was hat sich ereignet, daß ihr so ver¬ stört sausseht?“ „Gnädigster Herr,“ erwiderte der Abt hastig und seine Stimme zitterte leicht vor innerer Erregung, „schwere Unbill hat unser Stift erfahren müs¬ sen und leider, so ungern ich es tue, komme ich mit einer Klage und der Bitte um Abhilfe — ich mußte das heute noch tun, denn morgen ist Ge¬ richtstag in Garsten und da mußte ich meine Beschwerde bei meinem gnädigsten wenn ich — Herrn vorher anmelden *) Kaiser Konrad III. (geb. 1095, gest. 15. Februar 1152) seit 1131 deutscher König und der erste Hohenstaufe auf dem deutschen Königsthrone, unternahm im Mai 1147 den zweiten Kreuzzug zur Befreiung Jerusalems aus der Händen der Mohammedaner. Im Jahre 1148 nahm ei Damaskus, allein er erkrankte und kehrte im Jahre 1150 nach Deutschland zurück. Der Kreuzzug hatte keinen sonder¬ lichen Erfolg. Kaiser Konrad III. selbst verübte ritterliche Heldentaten; so spaltete er im Kampfe einen Sarazenen am Pferde durch einen Hieb vom Kopfe bis zum Sattel herab in zwei Teile. Da Konrad III. ein Schwabe war, hieß dieser gewaltige Streich gar bald im Kreuz heere vorbildlich „Schwabenstreich“. Heute hat der Aus druck „Schwabenstreich“ leider die entgegengesetzte Be¬ deutung von Kraft und Mut, er bedeutet jetzt, ganz selt¬ samerweise: Dummheit. Kaiser Konrad III. Heldentat ist auch dichterisch in der neueren Zeit behandelt worden, und zwar von Uhland in dem Gedichte: „Schwaben streiche“. Leider hat sich der Dichter nicht an die historisch Wahrheit dabei gehalten.

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