Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1914

Die Leder vom Libanon. Von heinrich Kematmüller. Zeitbild aus Stadt Steprs Vorzeit. nehmend auf alles, was sie gewahr¬ I. ten und seine mächtige, an das Be¬ Am markgräflichen Hofe in Stadt fehlen gewohnte Stimme war im Lärm Steyr herrschte wieder einmal kriege¬ der Arbeiten weithin vernehmbar. risches Leben, in den weiten Höfen der Neben ihm schritt der edle Herr Styraburg tummelten die edlen Her¬ Albrecht von Schachen,*) Marschall und ren des Hofhaltes ihre schweren Schlach¬ oberster Hofmeister zu Steyr, gefürch¬ tengäule und ritten sie zu für den in tet von den Faulen und Großmäu¬ Aussicht stehenden weiten Ritt und rich¬ ligen, beliebt bei den Armen, Beschei¬ teten sie ab für die Verwendung in denen, Fleißigen, denn Herr Albrecht ver¬ Kampf, Knappen übten sich im Schwert¬ stand im Dienste seines von ihm hoch¬ fechten und Bogenschießen und die Mar¬ verehrten Herrn keinen Spaß. Er mochte schalle brachten mit manch' kräftigem wohl schon über 50 Jahre zählen und Wort und nicht immer allzuzarten Hand¬ hatte schon dem Vater Ottokars, dem bewegungen den Knechten das regelrechte wichtige Dienste Markgrafen Leopold, Packen, Satteln und Zäumen bei, die geleistet und den jungen Ottokar so¬ Schmiede und Wagner hämmertenan zusagen als Vormund erzogen, daher den Lastwagen, um dieselben instand zu ihm der junge Markgraf in dankbarer etzen zu weiter Fahrt, im Zwinger Liebe zugetan war. bleichten die Weber die Leinwandplachen Herr Albrecht war aber auch ein und spannen die Seiler die festen wackerer Ritter und sein Schwert emp¬ Stricke dazu und auf der Mauer ge¬ fanden die Feinde der gesetzlichen Ord¬ gen das Gilgentor*) zu tuteten und nung im Traungau und jene außer¬ lärmten die Bläser Zeichen und lustige halb der Grenzen der Ottokarenlande Marschstücklein kunterbunt durcheinander. gar oft recht schwer. Auch jetzt war er Mitten in diesem lärmenden Trei¬ wieder die Seele des Treibens und ben schritt Markgraf Ottokar,*) ab und Rüstens im Schlosse zu Steyr und seine zu hier lobend, dort aneifernd, ta¬ Erfahrenheit und Weisheit trugen viel delnd, belehrend, wie es eben Arbeit zum raschen Fortgange der Arbeiten bei und Leistung ergaben. „Lieber Herr Albrecht, ich bin euch recht dankbar,“ wandte sich jetzt der Der Markgraf war ein junger Markgraf an ihn und seine Mienen Mann, kaum zwanzig vorbei, groß und drückten freudigen Stolz über das so¬ kräftig, mit schönem, edelgeformtem Antlitz, seine Bewegungen waren rasch eben Gesehene aus, „ihr habt da in und biegsam und zeigten den Meister ganz kurzer Zeit Erkleckliches geschaf¬ in den ritterlichen Uebungen, seine fen — mir unerfahrenem Jüngling wäre das alles wohl nur nach Verlauf der blauen Augen sahen lebhaft und teil¬ *) Stand bei der heutigen Pfarrkirche *) Die Familie der Schachen war in Stadt Stepr eßhaft und am Hofe der Ottokare sehr angesehen und **) Markgraf Ottokar VII. war im Jahre 1126 oder beliebt 1127 geboren. Er starb auf seiner zweiten Reise nack **) Leopold, der Starke zubenannt; regierte vom Jahre Palästina am 31. Dezember 1164 in Fünfkirchen in Ungarn 1122 bis 26. Oktober 1129, begraben zu Rain in Steier¬ und wurde in der Karthause Seitz in Steiermark begraben, mark, wo er das dortige Schloß in ein Zisterzienserstift welche er, als die erste in Deutschland, im Jahre 1151 gestiftet hatte. umgewandelt hatte.

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