84 Oos und flog bereits um ¾2 Uhr nachmit¬ tags über die Stadt Wien in der Richtung nach Schönbrunn zu einer Kaiserhuldigung, um dann am Flugfelde in Aspern zu lan¬ den. Am 10. Juni 1913 erfolgte dann um 3 Uhr morgens wieder die Abfahrt des Luftschiffes von Wien, während Graf Zeppelin noch länger in Wien verblieb. Im Monat Juni 1913 fand auf dem Wiener Flugfelde bei Aspern ein glänzend beschicktes und besuchtes Internationales Flugmeeting statt, welches hocherfreuliche Proben der Fortschritte in dem Bau der aviatischen Apparate und in der Kunst der Flieger lieferte. Österreich-Angarn. Einen wichtigen Teil der Geschichte Österreich=Ungarns in der Berichtsperiode, d. i. jenen Teil, welcher die internationalen Beziehungen der Monarchie betrifft, haben wir bereits im allgemeinen Teile unseres Berichtes erörtert. Als hiehergehörig wäre noch zu erwähnen die ohne jede Anderung erfolgte und am 7. Dezember 1912 offiziell verlautbarte Erneuerung des Dreibundes zwischen Österreich=Ungarn, Deutschland und Italien. Die beiden Reichshälften gemeinsamen Angelegenheiten betreffen einige bedeut¬ same Personalveränderungen: Am 9. De¬ zember 1912 gab Kriegsminister G. d. J. Moritz Ritter v. Auffenberg seine De¬ mission. Zu seinem Nachfolger wurde F3M. Alexander Ritter v. Krobatin er¬ nannt. Ebenfalls im Dezember 1912 gab dann auch Generalstabschef FML. Blasius Schemua seine Demission; G. d. J. Frei¬ herr Conrad v. Hötzendorf trat an seine Stelle. Als im Februar 1913 der 70jährige Marinekommandant Admiral Graf Monte¬ cuccoli zurücktrat, wurde Vizeadmiral An¬ ton Haus zu seinem Nachfolger bestellt. Was die innerpolitische Situation Öster¬ reichs anbelangt, so hatten wir in unserem vorjährigen Berichte ganz recht, wenn wir sagten, daß man den Ausgleichsverhand¬ lungen in Böhmen skeptisch gegenüber stehen müsse — es ist dort nicht besser, son¬ dern schlimmer geworden. Die Starrheit, mit der die Tschechen den gerechten For¬ derungen der Deutschen gegenüberstehen und die zur Obstruktion der letzteren im Land¬ tag geführt, hat schlechte Früchte getragen; unter der Herrschaft der Tschechen im Lan¬ desausschuß ist die finanzielle Lage der Provinz immer prekärer geworden; man mußte mit Darlehen wirtschaften und er¬ hielt schließlich keine mehr; die Kassen leerten sich und das Ende vom Liede war die — am 26. Juli 1913 erfolgte — Aus¬ schaltung des — am selben Tage aufgelösten Landtages und des Landesausschusses aus der Verwaltung des Landes, die Auf¬ hebung der Landesautonomie und die Ein¬ setzung einer aus Beamten zusammenge¬ setzten Landesverwaltungskommission. Besser war es — soweit es auf die Völ¬ ker selbst ankam — den Ausgleichsverhand¬ lungen zwischen Polen und Ruthenen ge¬ gangen; es ward zwischen beiden Nationen ein beide befriedigendes Kompromiß, spe¬ ziell auch in der strittigen galizischen Wahl¬ reformfrage geschlossen — als das polnische Episkopat in die Schranken trat und seine Bedenken gegen manche Punkte dieses Kom¬ promisses geltend machte — so kam dieses Kompromiß zu Falle und nun steht man wieder dort, wo man vor Abschluß des Kompromisses stand. In Ungarn gab es auch nach der Wieder¬ einberufung des Parlaments im Abgeord¬ netenhause noch manche, durch widrige, rohe Skandalszenen unterstützte Versuche der Opposition, die Arbeitsfähigkeit des Abge¬ ordnetenhauses zu stören; sie blieben erfolg¬ los und führten nur im Spätherbst 1912 zur Einführung einer eigenen Parlaments¬ wache. Der von der Opposition gegen das Kabinett Dr. v. Lukacs erhobene Vorwurf des Panamismus, welcher zu einem Ver¬ läumdungsprozeß des Kabinettschefs gegen den Abgeordneten Zoltan Desy Veran¬ lassung gab, hatte, als das Gericht, ob¬ schon der erwähnte Vorwurf im Laufe der Verhandlung keine wirkliche Rechtfertigung fand und an der Person des Ministerpräsi¬ denten kein Makel haften blieb, den Ange¬ klagten am 3. Juni 1913 freisprach — man nannte es ein „politisches“ Urteil —am selben Tage die Demission des Ministe¬
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