Rumänien trat aber, von König Fer¬ dinand, der vergeblich eine Intervention der Großmächte oder doch Rußlands er¬ hofft hatte, um Frieden gebeten, und nach¬ dem in Bulgarien das für dieses Land so verhängnisvoll gewordene russophile Ka¬ binett Danew gefallen und an seine Stelle ein Konzentrationskabinett der drei libe¬ ralen Parteien unter Radoslawow getreten war, schließlich als Friedensvermittler zwi¬ schen den kämpfenden Brüdern auf, lud die streitenden Staaten zu einer Friedens¬ konferenz nach Bukarest ein, woselbst dann, nachdem am 31. Juli 1913 eine allgemeine Waffenruhe vereinbart worden war, zu¬ nächst eine vollständige Einigung zwischen Rumänien und Bulgarien über die unter ihnen strittig gewesenen Punkte inklusive der Verpflichtung Bulgariens zur Schlei¬ fung der ihm gebliebenen Festungen Rustschuk und Schumla, erzielt wurde und auch eine solche Annäherung zwischen Bul¬ garien und seinen Gegnern herbeigeführt wurde, daß der bis zum Schluß unseres Berichtes allerdings noch nicht eingetretene Frieden siegreich aus der Bukarester Kon¬ ferenz hervorgehen dürfte*). Freilich wird nach dem Frieden zu Bukarest Bulgarien, das im ersten Balkankriege, jenem gegen die Türkei, so siegreich sich bewährt hatte aus dem zweiten Balkankriege als armes Schlachtopfer hervorgehen, dies um so mehr, als auch die Türkei, die Niederringung Bulgariens durch dessen frühere Bundes¬ genossen benutzend, in Thracien eindrang, Adrianopel, Kirkkilisse, Lüle=Burgas sowie andere Städte trotz des Widerspruches der Großmächte den Bulgaren abnahm und sich dort mit einer großen, starken und wohl¬ disziplinierten und versorgten Armee fest¬ setzte. Das war das Ende eines glänzend begonnenen Feldzuges und das Werk des russophilen Dr. Danew. Ehe wir das Balkankapitel schließen, wollen wir hier noch dreier Ereignisse ge¬ denken, die wohl noch in dieses Kapitel gehören: Am 18. März 1913 wurde König Georg von Griechenland von einem Grie¬ *) Es ist dies auch unterdessen am 10. August 1913, an welchem Tage der Frieden in Bukarest unterzeichnet wurde, geschehen.1 81 chen namens Alexander Schinas, der sechs Wochen nach dem Attentat in einem un¬ bewachten Augenblick Selbstmord beging, ermordet — sein Nachfolger wurde sein ältester Sohn, Kronprinz Konstantin; am 11. Juni 1913 wurde Großwesir Mahmud Schefket Pascha von Anhängern der Entente liberale ermordet und am 12. Mai 1913 annektierte Österreich=Un¬ garn die auf Grund einer nach dem Frie¬ den von St. Stefano getroffenen Verein¬ barung zwischen der Türkei und Österreich¬ Ungarn von letzterem 1878 militärisch be¬ etzte Donauinsel Ada Kahle bei Orsova, welche dem Komitat Krasso=Szörenyzu¬ geteilt wurde. * * * Aber nicht nur in Europa wütete die Kriegsfurie. In Afrika waren Tripolis, die Cyrenaika und Marokko der Schauplatz kriegerischer Ereignisse. In Marokko mußten sich Franzosen und Spanier das in Kämpfen gegen die Eingeborenen zu er¬ halten trachten, was sie sich selbstherrlich genommen hatten. Das Protektorat, welchem Frankreich auf Grund eines zwischen ihm und dem Sultan von Marokko geschlosse¬ nen Vertrages auch eine gewisse Legalität zu verschaffen gewußt hatte und welches ganz Marokko mit Ausnahme der spani¬ schen Einflußsphäre umfaßte, hat, Frank¬ reich bisher noch keinen besonderen Segen gebracht. Die Konflikte mit den Eingebo¬ renen wollten kein Ende nehmen und haben auch de facto bis zum Schlusse unserer Berichtsepoche noch kein Ende gefunden. Dafür entschloß sich Sultan Mulay Hafid, müde, ein Herrscher ohne Herrschermacht zu sein, nach 4½jähriger Regierung am 12. August 1912 gegen eine hohe Abfin¬ dungssumme und eine jährliche Pension von 375.000 Francs zu der von den Fran¬ zosen angenommenen Abdankung, welcher die Abreise des Sultans aus seinem ehe¬ maligen Reiche folgte er zog nach — Frankreich. Mit Einverständnis Frankreichs wurde sein jüngerer Bruder Mulay Jussuf zum Sultan ausgerufen, der aber auch seiner Quasi=Regierung nicht froh werden konnte — verschiedene Prätendenten mach¬ 6
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